■ Bonn apart
: Bedauerlich geleckt

Geht's uns bisweilen nicht allen so? Wir treffen auf Vertreter eines uns besonders unangenehm erscheinenden Berufes und werden von Mitleid erfüllt. Mensch, denkt man, dagegen hat's man ja richtig gut. Beispielsweise, wenn sich eine Schuhverkäuferin vor uns bückt, um uns die neuen Edelschuhe zu schnüren.

Oder wenn ein Staubsaugervertreter sich mit beredten Worten vor uns windet und erklärt, warum wir unbedingt ein 2.000 Mark teures Haushaltsgerät für unser Parkett brauchen. Aber auch, wenn die Hosteß einen ganzen Abend lang praktisch nur auf Zehenspitzen steht und trotzdem dauerlächelt, als wäre ihr Mund gefroren.

Doch das alles ist nichts gegen den Beruf eines Mannes, den wir in dieser Woche in Aktion erleben durften. Da freuten wir uns wie nie zuvor über unseren eigenen, völlig unabhängigen, überparteilichen, kreativen und natürlich allein der Wahrheit verpflichteten Beruf. Die genaue Berufsbezeichnung dieses Mannes läßt an ein Möbel oder die Schreibkraft eines Menschen denken, der selbst einen besonders unangenehmen Beruf ausübt.

Es ist jedenfalls eine untergeordnete Tätigkeit, obwohl wir ja wissen, wie mächtig selbst Parkwächter und Pförtner sein können. Er muß sich bücken können wie ein Schuhverkäufer, Leuten etwas vormachen können wie ein Staubsaugervertreter und ununterbrochen gute Miene machen wie eine Hosteß: Er wirkt also geleckt, sozusagen auf dreifache Weise.

In dieser Woche also mußte Peter Hintze, der Generalsekretär der CDU, das neue Europlakat seiner Partei vorstellen. Da stand er mit teurem Anzug, vornehmem Schuhwerk, frisch ondulierten Haaren, lächelte ununterbrochen und enthüllte das Plakat mit der Aufschrift „Der Euro macht uns stark“. Und weil kernige Sprüche allein ja niemanden überzeugen, steht vor dem Hintergrund einer Europalandkarte „14 Währungen“ und vor dem Hintergrund einer Amerikaübersicht „1 Währung“. Das soll wohl bedeuten: 14 Währungen sind ein großer Wettbewerbsnachteil.

Dann sprach die Augenweide: „Mit diesem Plakat wollen wir die Diskussion über den Euro in die Bevölkerung hereintragen.“ Darunter versteht er: „Es soll das Gespräch der Bürger über die Vorteile des Euro anregen.“ Diskussion bedeutet für den netten Herrn also Gespräch über Vorteile.

Das war der Moment, wo unser Mitleid für die bedauernswerte Tätigkeit des Generalsekretärs einer großen Traurigkeit wich: Das kommt also dabei heraus, wenn Staubsaugervertreter Politik machen. Markus Franz