: Mit Law and order gegen Flüchtlinge
Dietmar Schlee (CDU) wird Koordinator für die Rückführung der bosnischen Kriegsflüchtlinge. Der Exinnenminister Baden-Württembergs gilt vielen als politischer Hardliner ■ Aus Bonn Markus Franz
Der CDU-Bundestagsabgeordnete Dietmar Schlee soll deutscher Koordinator für die Rückführung der bosnischen Bürgerkriegsflüchtlinge werden. Der 59jährige Jurist gilt seit seiner Zeit als baden-württembergischer Innenminister als Hardliner, als Law- and-order-Mann. Ein kleiner Kanther gewissermaßen. Die Ernennung von Schlee muß noch vom Bundeskabinett bestätigt werden.
Anfang Juni hatte es Ärger um die Position des Bosnienbeauftragten gegeben, der die Zusammenarbeit zwischen Innenministern, Bundesregierung und Brüssel koordinieren soll. Bundesinnenminister Manfred Kanther lehnte den über die Parteigrenzen hinweg favorisierten Christian Schwarz- Schilling ab. Der CDU-Bundestagsabgeordnete, der sich engagiert für die freiwillige Rückführung der etwa 300.000 in Deutschland lebenden bosnischen Bürgerkriegsflüchtlinge einsetzt, war offenbar nicht linientreu genug. Schlee dagegen gilt als ein Mann des Innenministers Kanther.
Der Vater von zwei Kindern mußte 1992 seinen Hut als baden- württembergischer Innenminister nehmen. Ihm wurde vorgeworfen, nicht über Machenschaften seiner Kriminalbeamten in der sogenannten Casino-Szene informiert gewesen zu sein. Schlee war, wie der Spiegel schrieb, zu einer „peinlichen Belastung“ geworden.
Seinen Ruf als Hardliner erwarb sich Schlee, indem er als einer der ersten in der Union nicht nur den Grundgesetzartikel 16 (Asyl) in Frage stellte, sondern auch Artikel 116, der die Staatsangehörigkeit von Aussiedlern aus Osteuropa begründet. Zudem setzte er sich dafür ein, Aussiedler in einer eigenen Stadt, in einer Art Ghetto zusammenzufassen.
Die ausländerpolitische Sprecherin der SPD, Cornelie Sonntag- Wolgast, kommentierte die Wahl mit den Worten, sie wüßte nicht, „was Schlee als sachkundigen und sensiblen Bosnienkenner auszeichnen würde“. Die Fraktionssprecherin der Bündnisgrünen, Kerstin Müller, wunderte sich über die Berufung. Schlee sei bisher nicht als Kenner der bosnischen Verhältnisse aufgefallen. Der Stuttgarter Landtagsabgeordnete Jürgen Walter urteilte: „Alles, was mit Sensibilität zu tun hat, sollte man von ihm fernhalten.“ Schlee sei im baden-württembergischen Landtag als Rechtsausleger bekannt gewesen.
Ein differenziertes Bild zeichnete der innenpolitische Sprecher der FDP, Max Stadler. Schlee habe zwar früher als Hardliner gegolten, doch diese Zeit sei wohl vorbei. Im Innenausschuß des Bundestages wirke er kompetent und kenntnisreich. „Schlee wird nie ein Liberaler, aber er ist ein vernünftiger Konservativer.“
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