: Auslauf endet in der Klinik
■ Ein Jogger, der eine rote Ampel überquerte, landete nach einem Polizeieinsatz im Krankenhaus - und hat noch dazu ein Verfahren wegen Widerstands am Hals
Für einen Jogger, der trotz roter Ampel seinen Dauerlauf nicht unterbrechen wollte, endete das Training mit einer äußerst unangenehmen Begegnung mit eifrigen Ordnungshütern – und einem zweitägigen Aufenthalt im Krankenhaus. Ganz auf sein Training konzentriert, hatte der Schatzmeister des Triathlonverbandes Berlin e.V. zu spät gemerkt, daß er ausgerechnet in Sichtweite eines Streifenwagens gegen die Straßenverkehrsordnung verstoßen hatte.
Als Polizisten in der Zehlendorfer Königin-Luise-Straße den Läufer stellen wollten und drei, vier Schritte vor ihm auf den Gehweg fuhren, bezog Gottfried S. dies aber nicht auf sich. Der Leistungssportler umrundete das Fahrzeug wie jedes andere Hindernis. Da stürmten plötzlich eine Beamtin und ein Beamter auf ihn zu und riefen: „Halt, stehenbleiben!“ Doch der 40jährige wollte noch einige Schritte auslaufen, weil bei einem plötzlichen Abbruch intensiver körperlicher Belastung die Gefahr eines Kreislaufkollapses besteht. Dies müssen die PolizistInnen als Nichtbefolgen ihrer Anweisung interpretiert haben. Nach einem „kurzen Gezerre“, so Gottfried S., stoppten sie ihn. Dann erlitt der Läufer, der an einer leichten Hypotonie leidet, einen Kreislaufkollaps und verlor das Bewußtsein.
Als er allmählich wieder zu sich kam, verspürte er starke Atemnot: „Nach Luft ringend, lag ich bäuchlings im Gras und spürte auf meinem Rücken eine schwere Last, die mich zu Boden drückte. Hiervon versuchte ich mich instinktiv immer wieder zu befreien, um endlich freier atmen zu können.“ Bis zum Eintreffen eines Krankenwagens hätten die Beamten keine erste Hilfe geleistet, wirft ihnen der 40jährige vor. Im Krankenhaus wurde er wegen unregelmäßigen Herzschlags für weitere Untersuchungen dortbehalten. Erst vom behandelnden Arzt erfuhr der Jogger, daß der Einsatz dazu gedient habe, seine Personalien festzustellen – wegen „Mißachtung einer Lichtzeichenanlage“.
Eine Polizeisprecherin wartete mit einer etwas anderen Version des Vorfalls vom 9. Juli auf. Danach soll der Jogger die Polizeibeamten beleidigt und noch vor seinem Kreislaufkollaps Widerstand geleistet haben. Gegen ihn sei ein Verfahren wegen Beleidigung und Widerstands gegen die Staatsgewalt eingeleitet worden. Beides weist Gottfried S. von sich: „Ich kann mir nicht erklären, wie sie darauf kommen, daß ich sie beleidigt haben soll.“ Möglicherweise hätten die Beamten eine Handbewegung, mit der er sich den Schweiß von der Stirn gewischt habe, falsch gedeutet. Dorothee Winden
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