: Samstags ist sonntags
■ Das Duo „Quarks“spielte im Eisen
Manche Menschen sind sich nicht zu fein, das Offensichtliche und allgemein Bekannte laut auszusprechen. Die „Quarks“, Hamburger Duo mit Berliner Label, sind solche Menschen. „Das hier ist ein Wohnzimmer!“erklärten sie bei ihrem Auftritt am Samstag im „Eisen“. Um diese Behauptung zu untermauern, hatten sie eine altmodisch-gemütliche Stehlampe mitgebracht. Dabei weiß das Eisen-Publikum schon seit Jahr und Tag, daß die Sielwall-Kneipe ein Wohnzimmer ist. Zumindest wird sie von den Stammgästen so genutzt.
Ein Wohnzimmer allerdings, in dem Fremde gern gesehen sind. Besonders, wenn sie Musik mitbringen. Die weiß gewandeten Hamburger hatten einen Synthesizer und eine Gitarre dabei. Darauf spielten sie zum Einstieg ein Stück namens „Sonntag“, daß sich auch so anhörte. Ruhig und entspannt, mit verhaltenen Keyboard-Tönchen, einlullendem Gesang und mehr geklopfter als gespielter Gitarre. Tatsächlich hatte man bald den Eindruck, es sei schon Sonntag. Und man stellte fest, daß man mit diesem Eindruck ganz gut leben konnte.
„Wir sind ,Quarks'. Wir können auch anders“, warnte die Sängerin nach dem Einstieg, erhob sich vom Keyboard und hängte sich energisch die Gitarre um. Wer dachte, jetzt würden die resolute junge Dame und der Mann am Klavier losrocken, daß einem hören und sehen verginge, war schief gewickelt. Das Tempo wurde zwar leicht angezogen, forderte dem Synthesizer sogar widerborstige Töne ab, die Grundstimmung aber blieb unaufgeregt, bisweilen gar poetisch. Vieles wirkte wie eine Kreuzung aus nostalgischer Neuer Deutscher Welle und hanseatischem Diskurs-Pop, allerdings nicht ganz so albern wie das eine und nicht ganz so prätentiös wie das andere.
Im schönsten Lied ging es um einen Geist oder ein Tier oder ein sonstiges Wesen, das des Nachts an die Tür klopft, während die Sängerin sich fragt, ob sie es hereinlassen oder beispielsweise mit einer Zwiebel danach werfen soll. Sie bekommt aber Skrupel, denn vielleicht geht es dem Geist nicht gut und vielleicht könnte es ihr auch mal so gehen. „Das ist eine wahre Geschichte“, klärte sie zuvor auf. „Das ist mir wirklich passiert.“Eine andere wahre Geschichte handelte von ihrer Freundin Anna, die wiederum niemals die Wahrheit sagte. Selbstverständlich hieß das Stück „Anna log“. Überhaupt waren die „Quarks“gut auf Wortspiele zu sprechen. So ging es in einem Lied namens „Schwerelos“um „das schwere Los“, und ein Wald-Stück spielte in einem Waldstück.
Trotz anfänglichem Mißtrauen auf Seiten einiger Gäste gelang es den beiden, das Publikum für sich einzunehmen. Damit hatten sie scheinbar selbst nicht gerechnet. Als nach zehn Stücken Schluß sein sollte und Zugaben gefordert wurden, mußten sie zugeben: „Mehr Stücke können wir noch nicht!“Da mußte halt das Schwerelos-Lied nochmal gespielt werden.
Andreas Neuenkirchen
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen