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Pflicht zur Wachsamkeit

■ Gedenken an die Opfer vom 20. Juli. Jesuitenpater zieht Linie vom Widerstand gegen die Nazis zum Kirchenasyl

Der Opfer des fehlgeschlagenen Hitler-Attentats vom 20. Juli 1944 wurde gestern im Bendlerblock auf dem Ehrenhof der Gedenkstätte Deutscher Widerstand gedacht. An der zentralen Gedenkfeier anläßlich des 53. Jahrestages des Hitler-Attentats nahmen rund 350 Vertreter des öffentlichen Lebens teil. Für die Bundesregierung legte Bundesjustizminister Edzard Schmidt-Jortzig (FDP) einen Kranz nieder.

Zuvor war mit einem ökumenischen Gottesdienst in der ehemaligen Hinrichtungsstätte Plötzensee der Verschwörer des 20. Juli gedacht worden. Dabei würdigte Jesuitenpater Hans-Georg Lachmund den Mut und den Einsatz derer, die „der Macht des Bösen standgehalten und Widerstand geleistet haben“. Das Gedenken an die Opfer des 20. Juli verpflichte zur Wachsamkeit. „Heute geht niemand ein Risiko ein, wenn er für die Schwachen und Wehrlosen eintritt“, mahnte der katholische Theologe. Als Beispiel für solches Eintreten nannte er die Ordensfrauen, die in der vergangenen Woche im niedersächsischen Dinklage die Abschiebung einer Flüchtlingsfamilie im Kirchenasyl verhindert hatten.

In seiner Predigt verglich der Jesuitenpater den Einsatz der Widerstandskämpfer mit dem biblischen Bild des guten Hirten, der „sein Leben gefährdet, um die Wölfe abzuwehren“. Auch heute sei es nötig, die „Wölfe im Schafspelz“ zu erkennen und die Menschen davor zu warnen, ihnen nachzulaufen. „Dies wird zu selten beachtet“, so Lachmund. Es sei immer wieder ein Glücksfall, wenn Menschen sich dafür einsetzten, „daß die Rechte der Schwachen nicht mit Füßen getreten werden“.

Zu den Gedenkgottesdiensten für die Opfer des 20. Juli laden die evangelische und die katholische Kirchengemeinde alljährlich gemeinsam ein. In Plötzensee sind während der NS-Herrschaft etwa 2.500 Menschen aus 19 Nationen, darunter viele politische Gefangene und Widerstandskämpfer, hingerichtet worden.

Justizsenatorin Lore Maria Peschel-Gutzeit (SPD) mahnte, im Sinne der Widerstandskämpfer für die Demokratie zu streiten, die als einziges System die Würde des Menschen auf Dauer schützen könne. In Bonn wandte sich der rechtspolitische Sprecher der Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen, Volker Beck, gegen eine Diskriminierung des kommunistischen Widerstandes. Es sei an der Zeit, daß „wir dem gesamten Widerstand gegen Hitler unseren Respekt zollen“.

Auch Bundestagspräsidentin Rita Süssmuth würdigte die Widerstandskämpfer aller politischer Richtungen als Wegbereiter für die Demokratie. dpa/ADN/epd/taz

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