piwik no script img

Die Werder-Oma von Nüttermoor

■ Ohne die 66jährige Alma Bruns läuft in Ostfriesland gar nichts

Eigentlich strahlt Alma Bruns aus Nüttermoor die Wärme eines glücklichen Menschen aus. Aber wenn es um Werder geht, entgleitet der 66jährigen Ostfriesin ein tiefer Seufzer: „Schreib ruhig, daß Werder Meister wird,“sagt sie auf Hochdeutsch, und fügt auf Platt hinzu: „Wird tscha wohl nix von, oder?“Dann grient sie wieder, als könnte es doch noch klappen, vielleicht, mit der Meisterschaft.

Der Fanclub Nüttermoor/Nordmoor ist seit 1985 eine Institution in Ostfriesland und Alma Bruns ist seine Seele. Alle waren sie schon bei ihr. Der Lemke kommt regelmäßig. Dieter Eilts kommt sowieso, der ist auch Ostfriese und hat sich bei Alma den Bauch mit ostfriesischem Schwarzbrot vollgeschlagen. Wynton Rufer ist ein lieber Junge, der wollte das regionale Teezeremoniell lernen. Und Otto natürlich. Wenn der Name Rehhagel fällt, blitzen Almas Augen noch eine Nuance strahlender. Und bei Ottos Frau – da kommt sie gänzlich ins Schwärmen.

Alles was bei Werder Rang und Namen hat, ist mit persönlicher Widmung und Bild in Almas Fanalbum vertreten. „Weißt Du, wen ich nie in meinem Album haben will?“fragt sie. „Den Augenthaler! Aus Bayern. Nee! Ich war dabei, als er in München Rudi verletzt hat. Fast ein Jahr konnte Völler nicht spielen. Der Augenthaler hätte so lange nicht spielen dürfen, wie Rudi verletzt war. Was meinst Du?“

Aus den Orten Weener, Ditzum, Remels und Bingum schwärmen die Werderfans herbei, wenn Alma Bruns und der Fanclub rufen. Zu Spitzenspielen kommen spielend vier Busse zusammen. Unklar ist, ob die Fans allein des Fußballs wegen reisen. Die Touren sind gesellschaftliche Ereignisse. Wenn man außerdem das Glück hat, mit Alma in einem Bus zu sitzen, bleibt kein Auge trocken. „Ich kann nicht ruhig sitzen. Ich muß meinen Spaß haben.“Kaum sind Frikadellen und Schnitzel verstaut, ein Bier geköpft und die erste Runde Kruiden überstanden, fängt Alma an zu erzählen. Auf Platt natürlich. Alma hat eine Menge Döntjes auf der Platte und erst wenn ihr die Tränen vor Lachen fließen, ist sie in ihrem Element.

Ob Heimspiel, ob auswärts oder im Ausland – wo Werder spielt, sind Alma und ihr Fan-Club schon da. „Meine Enkel hab' ich sogar nach Mailand mitgenommen, zum Champions League Spiel gegen den AC Milan“, schwärmt Alma. Die ganze Familie „on tour“, Oma, Opa, Kinder, Enkel in 18 Stunden nach Italien. Einer echten Fan-Oma ist kein Weg zu weit. Auch wenn die Freude am Fußball Brüche bekommt. Gewalt im Stadion, da schaut auch Alma Bruns nicht weg.

1993 „auf Schalke“zum Beispiel: Im letzten Spiel der Saison war alles gelaufen. Werder war Meister, Schalke mußte absteigen. Mit zwölf Bussen waren sie aus Ostfriesland angereist und wollten später in einem Korso die Mannschaft nach Bremen begleiten. Nach dem Spiel mußten Alma und ihre Freunde unter Polizeischutz aus dem Stadion geführt werden. Plötzlich flogen Steine und Flaschen. Die Schalker griffen an. Es gab Verletzte, die Busse wurden demoliert. Nur Alma tat keiner was. Mitten in dem Chaos blieb sie unbehelligt. „Sag mal, die spinnen doch oder was meinst du?“Alma schüttelt den Kopf.

Später, bei der Siegesfeier, da seien Lemke und Otto als allerstes zu ihr gekommen und erkundigten sich nach ihrem Wohlergehen. „Ach, Otto...“ schuh

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen