■ Kommentar: Geld spielt keine Rolle
Berlin hat nichts mehr zu verteilen außer seinen Haushaltslöchern und Schulden. Das ist die Botschaft des Senats an die Berliner, vor allem an jene, für die das soziale Netz immer größere Maschen bekommt. Zweifellos ist das Land Berlin, was die Finanzen angeht, in schwierigen Fahrwassern. Außer Kraft gesetzt ist damit aber mitnichten die Tatsache, daß es eine politische Entscheidung bleibt, wie das knappe Gut verteilt wird.
Im Umgang mit Asylbewerbern und Flüchtlingen macht der Senat konsequent vor, daß politische Ziele allemal vor dem ansonsten immer volltönig vorgebrachten Geldmangel rangieren. So sollen Asylbewerber künftig generell nur noch in Heimen untergebracht werden statt in Wohnungen. Finanziell begründet ist das nicht. Freie Wohnungen gibt es derzeit genug; Heimplätze sind außerdem deutlich teurer. Auch die Verpflichtung von Flüchtlingen, Lebensmittel zu überteuerten Preisen nur noch in Magazinläden zu kaufen, gehört dazu. Billiger ist das für die Verwaltung nicht, als wenn die Betroffenen mit Bargeld oder allgemein tauschbaren Wertgutscheinen in Läden ihrer Wahl einkaufen würden. Der zusätzliche Verwaltungsaufwand beträgt für jeden Flüchtling jährlich durchschnittlich 480 Mark.
Ginge es also nur um Einsparungen, müßte der Senat solche Pläne sofort kassieren. Deswegen enthüllen diese Zahlen, daß es allein um Schikane und Abschreckung geht – und die läßt sich der Senat viel Geld kosten. Ab ins Heim, damit jede Integration unmöglich gemacht wird; Zwangseinkauf in Magazinläden, damit sich auch kein Flüchtling etwa wohl fühlen könnte. Zu dieser politischen Konzeption gehört auch, den Asylanspruch von minderjährigen Flüchtlingen als Amtsvormund bewußt zu ignorieren.
Das ist ein politisch unerträgliches Vorgehen. Diese bewußte Schikane aber mit der Vorbereitung des Holocausts zu vergleichen, wie das gestern an dieser Stelle geschah, verbietet sich. Es nivelliert die historische Dimension der Ermordung von Millionen Menschen und der damit verbundenen zielgerichteten bürokratischen Planung. Auch den damaligen Opfern wird ein solcher Vergleich nicht gerecht. Gerade wer glaubwürdig die politische Auseinandersetzung führen und die Berliner Flüchtlingspolitik in der gebotenen Deutlichkeit kritisieren will, kommt um eine solche Differenzierung nicht herum. Wer selbst das Augenmaß verliert, kann solches auch von Politikern nicht einfordern. Gerd Nowakowski
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