: Die Rache der Geliebten
■ Neu im Kino: „In Sachen Liebe“von Griffin Dunne / Meg Ryan sorgt in diesem amüsanten Film für die größte Überraschung
Wie fast immer bringt der Originaltitel den Film viel besser auf den Punkt als die uninspirierten Bemühungen des deutschen Verleihers: „Addicted to Love“, also „Süchtig nach Liebe“, klingt doppelbödig, bedrohlicher als das harmlos belanglose „In Sachen Liebe“und weist schon auf die irritierende Ambivalenz hin, die dieser romantischen Komödie ihren leicht perversen Dreh gibt. Denn statt eines Traumpaares wird uns hier eher ein Alptraumpaar vorgestellt: Zwei von ihren GeliebtInnen Verlassene, die sich zu einem Rachefeldzug gegen diese zusammenfinden. Da trifft es sich gut, daß die beiden ExInnen nun als turtelndes Paar zusammenleben. Unsere Antihelden haben die Wohnung direkt gegenüber gemietet, eine Abhöranlage und einen komplizierten optischen Apparat installiert, so daß sie alles hören und sehen können, was ihre Opfer tun. Und sie haben einige wirklich niederträchtige Schlachtpläne, um die Idylle der beiden so grausam wie nur möglich zu vernichten.
Schadenfreude ist die schönste Freude, und so werden möglichst fiese Rachegeschichten im Kino immer wieder gerne erzählt. Zuletzt machten drei Ehefrauen im „Club der Teufelinnen“ihren untreuen Gatten mit verdächtig großem Erfolg an den Kinokassen das Leben zur Hölle. Als erstes müssen dazu die Opfer möglichst unsympathisch porträtiert werden, aber hier schert Regisseur Griffin Dunne schon aus den gängigen Konventionen aus. Kelly Preston und Tcheky Karyo sind zwar blasser und oberflächlicher als ihre Peiniger, aber verdient haben sie die Tortur eindeutig nicht. Und so können wir die Anschläge mit Kakerlaken, verfaultem Obst und Fremd-Unterwäsche auch nicht so ungetrübt genießen wie in den einfach gestrickten Vergeltungsgeschichten des Kinos.
Der Film konzentriert sich statt dessen eher auf die zwanghafte Besessenheit, mit der die Helden ihre Verflossenen verfolgen. Deren suchtähnliches Verhalten zeigt Dunne durchaus ernsthaft. Was als oberflächliche Pointe daherkommt, wird am Ende als schlüssige Notlösung begreifbar: die beiden Komplizen verlieben sich bei ihrer gemeinsamen Obsession ineinander – natürlich. Nur das Wechseln zu einer neuen Droge erlöst.
Der ehemalige Schauspieler Griffin Dunne („Die Zeit nach Mitternacht“) hat sich für sein Debüt als Regisseur eine schwere Aufgabe gestellt, denn er will das Publikum weder mit dem Prinzip „Schadenfreude“noch mit dem Prinzip „Traumpaar“auf seine Seite ziehen. Trotzdem funktioniert der Film erstaunlich gut. Zum einen hält das Drehbuch eine feine Balance zwischen bösem Witz und Mitgefühl. Zum anderen hatte Dunne ein gutes Gespür für das Casting. Matthew Broderick spielt den etwas weltfremden Wissenschaftler vom Lande, der seine Freundin im Grunde auch an die böse Großstadt New York verliert, mit einer Naivität und Unschuld, die seine Intrigen nur um so absurder erscheinen lassen. Die Überraschung des Films ist aber Meg Ryan, die sich mit viel Vergnügen und Ehrgeiz auf die Rolle der verschmähten Rächerin stürzte, um als ruppige Kratzbürste endlich ihrem Image des rehäugigen Liebchens zu entkommen. Ihr nimmt man die Wut und die Verletzlichkeit ab, die ihre Figur dazu zwingt, den Mann zu terrorisieren, der sie verlassen hat. In dem Moment ihres vermeintlichen Triumphes, wenn ihr Ex vor ihren Augen zusammenbricht, hat sie solch einen traurigen Blick, daß man fast mehr Mitleid mit ihr als mit ihrem Opfer hat.
Wilfried Hippen
täglich im City und UT-Kino
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