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Kirchenasyl straflos

■ Staatsanwaltschaft stellt Ermittlungen gegen zwei Treptower Pfarrer ein

Zwei Treptower Pfarrer und vierzehn Gemeinderatsmitglieder der Kirchengemeinde am Baumschulenweg müssen nicht vor den Kadi, weil sie einem ehemaligen vietnamesischen Vertragsarbeiter Kirchenasyl gewährt haben. Nach einjähriger Fahndungsarbeit, sechzehn Ermittlungsverfahren und einer polizeilichen Durchsuchung der kirchlichen Gemeinderäume ist die Staatsanwaltschaft jetzt zu der Erkenntnis gekommen, daß das vermeintliche Vergehen doch keines war. Weil „die Schuld als zu gering anzusehen wäre“ und „kein öffentliches Interesse an der strafrechtlichen Verfolgung besteht“ hat sie die Ermittlungen gegen den Pfarrer der asylgewährenden Gemeinde und den Kreisdiakoniepfarrer eingestellt.

Beide waren der Beihilfe zum Verstoß gegen das Ausländergesetz bezichtigt worden. Auch das strafrechtliche Ermittlungsverfahren gegen vierzehn Mitglieder des Gemeindekirchenrats, der das Kirchenasyl für den Vietnamesen beschlossen hatte, wurde nun sang- und klanglos eingestellt. Es mangele an Tatverdacht.

Das Treptower Kirchenasyl hatte bundesweit Aufsehen erregt, weil Polizei und Justiz auf bisher beispiellose Weise versucht hatten, Kirchenkreise zu krimininalisieren. Im Dezember durchsuchten die Ermittler die Gemeinderäume und beschlagnahmten selbst die Protokollbücher des Gemeindekirchenrats, um gegen die Mitglieder ein Strafverfahren einzuleiten. Dieser Eingriff in die kirchliche Autonomie hatte auch zu heftigem Protest des evangelischen Landesbischofs Wolfgang Huber geführt, der das Asyl für den Vietnamesen ausdrücklich unterstützte. Unter dem massiven Druck auf die Kirchengemeinde und nach dem Scheitern aller Vermittlungsversuche mit der Ausländerbehörde hatte sich der Vietnamese L. schließlich zur „freiwilligen“ Ausreise entschlossen. Seine Frau und seine beiden Kinder mußte er zurücklassen. Ve.

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