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Kein Pardon für DDR-Grenzgeneräle

■ Karlsruhe verwirft die Verfassungsbeschwerden von Grenztruppen-Chef Klaus D. Baumgarten und seinen Stellvertretern. Jetzt müssen sie ihre Gefängnisstrafen wegen Totschlags an der Mauer antreten

Freiburg (taz) – Sechs ehemalige DDR-Grenzgeneräle müssen demnächst ins Gefängnis. Das zugrunde liegende Urteil des Landgerichts Berlin hatte auch vor dem Bundesverfassungsgericht Bestand. In einem gestern veröffentlichen Beschluß wurden die Verfassungsbeschwerden der sechs Generäle wegen fehlender Erfolgsaussicht erst gar nicht zur Entscheidung angenommen.

Betroffen von diesem Beschluß sind der ehemalige Chef der DDR- Grenztruppen Klaus-Dieter Baumgarten, sein Nachfolger Dieter Teichmann, die stellvertretenden Grenzkommandeure Karl Leonhardt, Heinz-Otto Thieme und Gerhard Lorenz sowie der Leiter der Grenzsicherungsanlagen, Günter Gabriel. Das Landgericht Berlin hatte die sechs Generäle im September letzten Jahres wegen Totschlags und Beihilfe zum Totschlag zu Haftstrafen zwischen dreieinviertel und sechseinhalb Jahren verurteilt. Der Bundesgerichtshof hatte diese Entscheidung im April bestätigt.

Doch die Grenzgeneräle gaben nicht auf. Unter Berufung auf das Verfassungsprinzip „Keine Strafe ohne Gesetz“ erhoben sie Beschwerde in Karlsruhe: Ihre Befehle zum Schußwaffeneinsatz seien durch das DDR-Grenzgesetz gerechtfertigt gewesen, strafbares Handeln könne ihnen daher nicht vorgeworfen werden. Aussicht auf Erfolg war diesen Verfassungsbeschwerden allerdings nicht eingeräumt worden. Denn schon im letzten Oktober hatte Karlsruhe in einem Musterprozeß entschieden, daß das DDR-Grenzgesetz einen „unbeachtlichen“ Rechtfertigungsgrund darstellte. Vor allem in der verschärften Auslegung durch die Staatsorgane habe das DDR-Gesetz die „in der Völkerrechtsgemeinschaft anerkannten Menschenrechte in schwerwiegender Weise mißachtet“. Deshalb könne hier der ansonsten „absolut“ geltende Grundsatz „Keine Strafe ohne Gesetz“ ausnahmsweise durchbrochen werden, entschied Karlsruhe damals.

Dieser Beschluß aus dem letzten Herbst wurde nun in vollem Umfang bestätigt (Az.: 2 BvR 1084/87). Die Grenzgeneräle hätten dazu beigetragen, das Lebensrecht der Flüchtlinge dem staatlichen Interesse an der Verhinderung von Grenzübertritten „um jeden Preis“ zu opfern. Die sechs Offiziere müssen jetzt ihre Gefängnisstrafen antreten. Bisher saß nur der Grenztruppen-Chef Baumgarten in Untersuchungshaft.

Falls es auch im noch nicht abgeschlossenen Politbüro-Prozeß (siehe unten) zu Verurteilungen kommt, können sich Egon Krenz und Co. den Gang nach Karlsruhe wohl sparen. Daß das Verfassungsgericht in ihrem Fall anders entscheiden wird, scheint äußerst unwahrscheinlich. Christian Rath

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