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Keine Menschenopfer für den Verkehr

■ Nach dem tödlichen Unfall auf der Stresemannstraße braut sich Protest zusammen

Unter der tonnenschweren Last der vorbeifahrenden Lastwagen erzitterte die Stresemannstraße auch gestern. An der Ecke Harkortstraße – eine Kreuzung noch vor dem Beginn der Tempo-30-Zone – erinnern Blumensträuße und Schilder an die 36jährige Radfahrerin Lisa D., die hier am vergangenen Mittwoch von einem abbiegenden Laster totgefahren wurde. Immer wieder halten PassantInnen mit und ohne Zweirad an, um die Trauer-Plakate zu lesen.

Zu den persönlichen Botschaften hat sich inzwischen auch das Schild einer radikalen Anti-Auto-Gruppe gesellt: „Kein Pardon für diese Art Täter“, steht dort geschrieben. Der Lkw-Fahrer Wolfgang M. hatte die Radfahrerin nicht gesehen. Sein Laster hatte keinen zweiten Außenspiegel, der den „toten Winkel“sichtbar macht.

„Polizei und Politik verhalten sich so, als sei es ein Naturgesetz, daß jedes Jahr in Hamburg RadfahrerInnen ums Leben kommen“, kritisiert Ulf Dietze, Vorsitzender des Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Clubs (ADFC), die angesichts des Unfalls betroffene, aber untätige Haltung der hanseatischen Entscheidungsträger. Die Stresemannstraße ist nicht zum ersten Mal Schauplatz eines schweren Unfalls. Der Tod der neunjährigen Nicola 1991 löste eine Protestbewegung mit Straßenblockaden aus, sie konnte eine Tempo-30-Zone auf der vielbefahrenen Durchfahrtsstraße durchsetzen. Der Lkw-Fahrer, der die rote Ampel übersah und das Kind überfuhr, kam mit einer Bewährungsstrafe davon.

Tempo 30 auf allen Straßen in geschlossenen Ortschaften fordert der ADFC. Der Fehler liege im Verkehrssystem. „Sonst hätten wir nicht jährlich 52.000 Verkehrsunfälle in Hamburg.“Die Aufteilung des Straßenraums müsse radikal verändert werden.

„Dem Autoverkehr wird soviel Fläche geopfert, daß der Rest nicht mehr ausreicht, um sichere Wege für Rad- und Fußverkehr herzurichten“, stellt Dietze fest. „Mit dem Scheinargument, der Wirtschaftsverkehr müsse fließem, werden verletzte und tote RadfahrerInnen billigend in Kauf genommen.“

Unter dem Motto „Uns reicht's, auch wir haben ein Recht auf Leben“und mit der Unterstützung der GAL ruft der ADFC zur Demonstration auf. Silke Mertins

„Uns reicht's“– Demo am Mittwoch, den 30.7 ab 17 Uhr, Stresemannstraße/Harkortstraße

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