: Zunehmend Ziel mutwilliger Zerstörungen
■ Ungewisse Zukunft für ungezählte Ehrenmale und 125 Friedhöfe der Sowjetunion im Berliner Umland. 19 Sachbeschädigungen mit rechtem Hintergrund
Die Zukunft der zahlreichen russischen Ehrenmale und Kriegsgräber in Brandenburg scheint ungewiß. Der Abriß des baufälligen sowjetischen Obelisken in Treuenbrietzen (Potsdam-Mittelmark) konnte kürzlich gerade noch im letzten Moment durch eine einstweilige Anordnung des Verwaltungsgerichts vorerst verhindert werden. Um den Marktplatz neu gestalten zu können, erfolgte in Friesack (Havelland) bereits eine Verlegung von Gräbern, und in Nauen (Havelland) wurde inzwischen bereits ein entsprechender Antrag gestellt.
In zahlreichen Orten wächst der Unmut gegen russische Obelisken und Gräber. Zumeist stehen die Zeugen des letzten Weltkriegs der Neugestaltung der Städte und Dörfer entgegen. Die Denkmale an die gefallenen russischen Soldaten befinden sich häufig auf dem Markt oder anderen zentralen Plätzen und werden von vielen Bürgern als Schandfleck angesehen. Wegen der Vernachlässigung über Jahrzehnte bröckelt der Putz, und sie befinden sich in einem denkbar schlechten Bauzustand.
Da sich die Kämpfe in den letzten Kriegsmonaten des Jahres 1945 auf Berlin konzentrierten, ist die Zahl der russischen Denkmale in Brandenburg besonders hoch. Es gebe allein 125 sowjetische Friedhöfe, sagte der Sprecher im zuständigen Kulturministerium, Martin Gorholt. Hinzu kommen noch ungezählte Ehrenmale. Experten schätzen, daß fast 90.000 Russen in brandenburgischer Erde bestattet wurden.
Nach Angaben Gorholts sind für Unterhalt und Pflege die Ämter, amtsfreien Gemeinden und kreisfreien Städte zuständig. Die Aufwendungen seien zumeist sehr hoch. Zusätzliche finanzielle Mittel stellt die Bundesregierung zur Verfügung. Das Geld reicht jedoch zumeist für dringend notwendige Renovierungen nicht aus. Es muß dann entweder darauf verzichtet oder auf die ohnehin schon leeren Kassen der Kommunen zurückgegriffen werden.
Zunehmend werden die russischen Gedenkstätten auch ein Ziel mutwilliger Zerstörungen. Allein von 1994 bis zum Ende des vergangenen Jahres wurden von der Polizei 19 Sachbeschädigungen mit politischem Hintergrund an Mahnmalen, Gedenkstätten und Friedhöfen registriert. Trotz aller Probleme sei es politisches Anliegen der Landesregierung, die Gräber und Denkmäler zu erhalten, betonte Gorholt. Sie erinnerten an den Sieg der damaligen Sowjetunion und die Befreiung vom Nationalsozialismus. Außerdem garantiere das zwischen der Bundesrepublik und der russischen Seite geschlossene Partnerschaftsabkommen den Schutz der Kriegsdenkmäler. Ein Abriß sei erst nach Zustimmung aus Rußland möglich.
Das Kulturministerium stellt für den Erhalt der Denkmäler keine Extramittel zur Verfügung. Verwiesen wird auf das Gemeindefinanzierungsgesetz, in dem die notwendigen Gelder bereits eingestellt wären. Im Falle eines weiteren Erhalts des Obelisken in Treuenbrietzen und seiner Sanierung könne die Stadt allerdings anteilige Zuwendungen aus dem Landestitel für Kriegsstättenfürsorge im Innenministerium beantragen. Klaus-Dieter Eule, dpa
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