: Neonazi-Lager in Mecklenburg-Vorpommern
■ NPD-Jugend hält bei Parchim militärisches Zeltlager ab: „Deutsches Verhalten“
Berlin (taz) – Es soll eine soldatische, eine deutsche Woche werden. Daher haben die Jungen Nationaldemokraten (JN) ihren „Kameraden“ ein paar klare Verhaltensregeln aufgegeben: Keine Saufgelage. Mit „Mädels wird nicht rumgemacht oder so“. Derart zackig mobilisiert derzeit die mecklenburg-vorpommersche JN für ein militärisches Zeltlager.
Von morgen an sollen Interessierte, die zu „absolut deutschem Verhalten“ und „soldatischer Handlungsweise“ aufgerufen sind, in der Nähe der Kreisstadt Parchim eine Woche lang marschieren und Nahkampf üben. Verfassungsschützer aus Mecklenburg-Vorpommern und Brandenburg haben der taz bestätigt, daß das Flugblatt authentisch ist, mit dem die NPD/JN das Zeltlager annonciert.
Ein Verbot der Veranstaltung sei zunächst aber nicht möglich, sagte der Sprecher des Schweriner Innenministeriums, Armin Schlender. Die NPD sei keine verbotene Organisation. Zudem vermeiden die rechten Kameraden in ihrem Aufruf strafbare Handlungen. In dem Flugblatt, das dem NPD-Organ Deutsche Stimme beigelegt war, wird die rechtsextreme Teilnehmerschaft davor gewarnt, „Waffen sowie verbotene Zeichen, Symbole etc.“ mitzubringen. Auch das Tragen von Uniformen verbittet sich ein „Kamerad“ am geschalteten Info-Telefon in Rostock – „obwohl ich natürlich auch lieber in Uniform marschieren würde.“
Der Rechtsextremismus-Experte des brandenburgischen Verfassungsschutzes, Jörg Milbradt, sagte der taz, das Treffen habe zunächst nur regionale Bedeutung gehabt. Die Verbreitung des Flugblattes über die Deutsche Stimme erreiche aber Rechtsextremisten in ganz Deutschland. Milbradt sagte zu den strafrechtlichen Fragen, man müsse abwarten, „wie die Sache im einzelnen verläuft“. Die Polizei sei informiert über das „NPD-Zeltlager“, das auf einem Privatgelände stattfinden soll, bei den Märschen aber auch auf die Umgebung ausgeweitet werden wird. Nur die geplante Nahkampfausbildung biete der Polizei laut Milbradt eine juristische Handhabe, um gegen das Zeltlager vorzugehen.
Laut Verfassungsschutzbericht 1996 in Mecklenburg-Vorpommern „spielte die Jugendorganisation der NPD im Land keine Rolle“; gleichwohl sei „von der ideologischen Ausrichtung her in Mecklenburg-Vorpommern ein für die JN mobilisierbares Spektrum erkennbar“. Die NPD selbst zählt 50 Mitglieder in dem nördlichen Bundesland. Die Rostocker „Kameraden“ kündigten unterdessen telefonisch ein straffes Programm bei dem Zeltlager an. Weisungsberechtigt ist in dem autoritären Haufen nur der Landesvorsitzende oder „direkt von ihm ermächtigte Kameraden“. Als Treffpunkt sind der Haupt- und der Busbahnhof in Parchim abgemacht, wo ab morgen Autos „mit einem großen D“ hinter der Windschutzscheibe auf die TeilnehmerInnen warten würden. Aufgeschreckt wurde die Stadt Parchim: Die Verwaltung wußte bis gestern nichts von dem Zeltlager. Christian Füller
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