Frauen bilden Netzwerke

■ Die Drum'n'Bass-DJ's Kemistry & Storm über Metalheadz, Frauen als Plattenleger und die Kommunikation mit dem Publikum

Nachdem nun einige Monate vergangen sind, die Abende mit eher mittelmäßigen Partys dahinplätscherten, können wir uns endlich wieder auf ein Tanzereignis der besonderen Art freuen. Kemistry & Storm, die beiden „grandes dames“des Drum'n'Bass, kommen dank der mittlerweile zur Institution gewordenen „Electric-Mojo“-Reihe wieder nach Hamburg. Wer dem Duo schon einmal beim Plattendrehen zugesehen hat, entdeckte das derzeitig wohl interessanteste Drum'n'Bass-Team der Britischen Inseln.

Was die beiden so außergewöhnlich macht, ist ihr undogmatischer Umgang mit Musik und die enorm große Vielfalt ihrer Mixturen. „Wir nehmen alles, was uns zwischen die Finger kommt“, erzählten die Metalheadz-Frauen fröhlich während ihres letzten Hamburg-Aufenthaltes. So wird Jazz, HipHop, Soul und Drum'n' Bass wild miteinander kombiniert, mit harten Bässen unterlegt, um immer wieder neue Spannungsbögen zu erzeugen. Gleichzeitig haben sie mittlerweile eine Sensibilität für ihr Publikum entwickelt, weil ihr Anspruch auf Kommunikation die wichtigste Voraussetzung für einen gelungenen Abend ist. „Wir möchten nicht arrogant unsere Nummer durchziehen, sondern den Menschen Spaß bereiten, sie zum Tanzen bringen. Das hat Soul, und das ist uns wichtig.“

Obwohl Kemistry den Altmeister Goldie einst auf den Drum'n' Bass-Geschmack brachte und nicht etwa umgekehrt, hatten sie es als Frauen nicht unbedingt leicht, in das DJ-Ding einzusteigen. „Während Goldie sofort damit anfing, wie ein Besessener zu produzieren, waren wir zunächst darum bemüht, die Idee von Drum'n' Bass zu etablieren. Wir waren so beeindruckt von der Energie dieser Musik, daß wir eine Menge Zeit damit verbrachten, die Sonntags-Sessions im Blue Note zu organisieren. Nebenbei setzten wir uns selber hinter die Plattenteller und übten unermüdlich. Das war eine Zeit vieler Entbehrungen.“

Dennoch schauen die beiden nicht argwöhnisch auf ihre männlichen Kollegen. „Wir lernen viel von unseren Freunden, schauen ihnen immer wieder über die Schulter und verarbeiten ihre Tracks“. Genervt sind sie allerdings darüber, daß Männer sie immer wieder mit vermeintlich typisch weiblichen Attributen wie „charming, sexy, emotional“betiteln und sie so ständig auf ihre Weiblichkeit reduziert werden. Deutlich verweisen sie seither auf ihre feministische Haltung. „Wir Frauen müssen uns zusammenschließen und Netzwerke bilden, um Jobs zu kriegen. Außerdem ist der Anspruch, der an uns Frauen gestellt wird, immer ungleich höher. Daher ist der Erwartungsdruck für uns oft unerträglich. Das begründet sicherlich unsere Zurückhaltung selbst zu produzieren.“

Der Wunsch, mehr mit Frauen zusammenzuarbeiten, wird zumindest an diesem Freitag für die beiden in Erfüllung gehen. Zusammen mit MC Phobe One, der Soundmeisterin Danielle und Donna Maya vom weiblichen DJ-Zusammenschluß „Die Patinnen“wird dies sicherlich eine aufregende und hoffentlich lange Nacht. „Wir sind vor jedem Abend aufs Neue aufgeregt“, räumen Kemistry & Storm schmunzelnd ein.

Claude Jansen Fr, 31. Juli, ab 23 Uhr, Mojo Club