: Begehrte Lehrstellen sind noch zu haben
■ Arbeitsamt registriert 350 neue Azubi-Stellenangebote Chancenlos: ArzthelferInnen oder KFZ-MechanikerInnen
Unglaublich aber wahr: Einen Tag vor Beginn des neuen Ausbildungsjahres am ersten August können bislang leer ausgegangene SchulabgängerInnen noch Hoffnung auf einen Ausbildungsplatz schöpfen. „Sogar in begehrten Berufen sind noch Ausbildungsplätze frei“, sagt Arbeitsamtssprecher Jörg Nowag – und ist selbst ein wenig erstaunt über dieses Ergebnis seiner neuesten Zwischenbilanz. Danach haben ungewöhnlich viele Arbeitgeber noch in diesem Monat offene Stellen gemeldet. Zwischen Juni und Juli liefen im Arbeitsamt 349 Angebote ein – zur selben Zeit im letzten Jahr waren es nur knapp 200. Weitere Stellen, vor allem im handwerklichen Bereich, sind nach wie vor unbesetzt.
Damit entspannt sich die schwierige Lage auf dem Ausbildungsmarkt für Bremer Schulabgänger Innen zwar nicht wesentlich. Selbst wenn alle angebotenen Stellen besetzt sind, rechnet das Arbeitsamt mit über 1.000 Jugendlichen, die im September noch ohne Ausbildungsplatz auf der Straße stehen. Aber dennoch zeige diese Entwicklung, daß die Anstrengungen von Arbeitsamt und Kammern nicht erfolglos waren, resümiert Nowag. „Im letzten Jahr gab es um diese Zeit im begehrten kaufmännischen Bereich oder bei den Banken keine einzige offene Azubi-Stelle mehr“, sagt er. In diesem Jahr liegen noch Angebote im Außenhandelsbereich (26 offene Stellen), im Bankengewerbe (4 Stellen), bei Speditionen (9 Stellen) und für Industriekaufleute (26 Stellen) vor. Ihre Hoffnungen abschminken müssen sich allerdings BewerberInnen auf den ArzthelferInnenjob oder KandidatInnen für eine Zukunft als AutomechanikerIn. Dort kommen zehn bis 30 Interessierte auf ein offenes Angebot.
Wohin diese Jugendlichen sich orientieren können, wüßte der Geschäftsführer der Bremer Handwerkskammer, Hans Meyer-Heye. „Im handwerlich-industriellen Bereich sind noch Stellen offen.“In metallverarbeitenden Berufen, wie dem des Galvaniseurs beispielsweise. Meyer-Heye bewertet die Anstrengungen der Arbeitgeber im Handwerk insgesamt als respektabel. In diesem Jahr zählt die Handwerkskammer mit 1.600 Lehrstellenangeboten ungefähr ebensoviele Angebote wie im Vorjahr. Allerdings gehen rund 150 davon auf das Konto eines „Lehrstellenentwicklers“. Die eigens dafür angestellte ABM-Kraft hat auf Jugendliche und Betriebe langfristig eingeredet. Doch auch die „Ansprache durch Autoritäten“, durch Bremer PolitikerInnen etwa, die in Betrieben nach offenen Lehrstellen nachfragten, habe dazu beigetragen, daß das Bewußtsein der Arbeitgeber für ihre Verantwortung im dualen System geschärft worden sei, sagt Meyer-Heye. Wie Arbeitsamtssprecher Nowag, wertet er selbst die kurzfristigen Lehrstellenangebote nicht als ein letztes Aufgebot mit möglicherweise minderer Ausbildungsqualität.
Für diese Sicht sprechen auch die Anforderungen an BewerberInnen, wie sie aus jüngsten Stellenanzeigen etwa von Kraft-Jacobs-Suchard hervorgehen. „Höhere Handelsschule oder Abitur sind hohe Eingangsvoraussetzungen“, moniert Paul Schröder vom Bremer Institut für Arbeitsmarktforschung und Jugendberufshilfe. Die größten Probleme bei der Stellensuche aber haben HauptschülerInnen. Besonders die Schwachen unter ihnen geraten durch die derzeitige Arbeitsmarktlage in Druck. Die berufsbegleitende Ausbildungshilfe, den „Stützunterricht“im Anschluß an den Lehrlingsalltag, können nur noch 120 Bremer Jugendliche erhalten. Im letzten Herbst waren es noch 700. Der Grund: Der Löwenanteil aus 14 Millionen Arbeitsamts-Mark für förderungsbedürftige Azubis fließt in diesem Jahr vor allem in die überbetriebliche, schulische Ausbildung. ede
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