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Gen-Soja inkognito

■ Die EU will Gen-Kennzeichnung bis November verschleppen

Brüssel (taz) – Der Ständige Lebensmittelausschuß der Europäischen Union will die Kennzeichnungspflicht für genetisch veränderten Mais und Soja offensichtlich erst ab 1. November dieses Jahres vorschreiben. Doch bis dahin werden bereits viele Tonnen auf dem Markt sein, bei denen eine nachträgliche Kennzeichnung nicht mehr möglich ist. In wenigen Wochen beginnt in den USA die Soja-Ernte, die ersten Schiffslieferungen nach Europa werden im Oktober erwartet.

Der späte Termin ist um so unverständlicher, als die Novel- Food-Verordnung, die die Kennzeichnung vorschreibt, bereits seit 15. Mai in Kraft ist. Gegen den Widerstand einiger Mitgliedsländer hatte das Europaparlament im Schlichtungsausschuß durchgesetzt, daß ganz oder teilweise genetisch veränderte Lebensmittel für die Verbraucher erkennbar ausgewiesen sein müssen. Doch das ist nur möglich, wenn bereits beim angelieferten Soja klar ist, ob es genetisch manipuliert wurde.

Der Ständige Lebensmittelausschuß ist für die Detailregelungen verantwortlich, mit denen die Novel-Food-Vorschrift umgesetzt wird. In dem Ausschuß sitzen die VertreterInnen der 15 Mitgliedsregierungen, von denen einige die Kennzeichnung am liebsten verhindern würden, um den Vormarsch der Gentechnik nicht zu blockieren. Sie wollen die Kennzeichnung offensichtlich verschleppen.

Die Europaabgeordnete der Bündnisgrünen Hiltrud Breyer befürchtet, daß „den europäischen Verbrauchern bis November erneut Gentech-Food heimlich untergejubelt“ werden soll. Schon im letzten Herbst gelangten etliche US-Lieferungen ungekennzeichnet auf den europäischen Markt, obwohl sie bis zu drei Prozent genveränderte Sojabohnen enthielten. Die relativ geringen Beimengungen sollen offensichtlich die Bedenken der Verbraucher langsam aufweichen. Soja ist in rund 60 Prozent aller Lebensmittel enthalten, etwa als Streckmittel in der Wurst oder in fast allen pflanzlichen Fetten. Alois Berger

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