: Bezirke: Streit um Namen und Geld
■ Mit der Vorlage eines Gesetzentwurfs zur Gebietsreform geht die Bezirksdebatte in die entscheidende Phase. Der Name Kreuzberg soll verschwinden. Einsparangaben in Schönbohms Entwurf geschönt
Der Kampf um die Bezirke kann beginnen. Nach der Vorlage eines konkreten Gesetzentwurfs für die zweite Berliner Gebietsreform nach 1920 deutet sich Streit vor allem um die neuen Bezirksnamen und die vermeintlichen Einsparungen an, die durch die Schaffung von 12 Bezirken (statt bisher 23) anfallen.
Laut dem Reformentwurf aus dem Hause von Innensenator Jörg Schönbohm (CDU) verlieren die Bezirke Kreuzberg, Tiergarten sowie Pankow und Hohenschönhausen ihre Namen gänzlich. Kreuzberg, Tiergarten und Mitte werden zu „Mitte“, Pankow, Hohenschönhausen und Weißensee zu „Weißensee“ zusammengefaßt. Reformgegner wie der Kreuzberger SPD-Abgeordnete Hans-Joachim Kohl haben dagegen bereits Widerstand unter dem Motto „Kreuzberg bleibt Kreuzberg“ angekündigt. Erfahrungen aus dem Westen der Republik zeigen: Bei Gebietsreformen gibt es erbitterten und jahrelangen Streit um die Löschung von Ortsnamen. Die unterfränkische Gemeinde Ermershausen etwa besetzte das örtliche Rathaus, um für ihre Eigenständigkeit und ihren Namen zu kämpfen.
Dem absehbaren Namensstreit will die große Koalition durch die Schaffung von Bindestrichbezirken wie „Treptow-Köpenick“ oder „Wedding-Prenzlauer Berg“ vorbeugen. „Da behalten alle ihre Namen und damit einen Teil ihrer Identität“, sagte die CDU-Abgeordnete Marion Kittelmann. „Die Umbenennung der Bezirke ist zunächst kein Thema“, meinte der stellvertretende SPD-Fraktionschef Rudolph Kujath. Freilich wird in beiden Parteien bereits darüber nachgedacht, wie für die Zukunft den entstehenden neuen Bezirken gänzlich neue Namen zu verleihen wären. Nach dem stellvertretenden Vorsitzenden des Hauptausschusses, Klaus Wowereit, sind die neugewählten Bezirksverordnetenversammlungen der Adressat für neue Namen. Sie sollten mit dem Reformbeginn im Jahr 1999/2000 darüber befinden, wie ihr Bezirk künftig heißt.
Auch die vermeintlichen Einsparungen im Gesetzentwurf für die Gebietsrefom haben am Wochenende Irritation ausgelöst. Im Schönbohm-Entwurf ist von „jährlichen Einsparungen“ in Höhe von 203 Millionen Mark die Rede. „Da braucht man sich gar keine Illusionen machen“, sagte Wowereit. Die Einsparungen werde es weder jährlich geben, noch würden sie sofort wirksam. Das sei ein Prozeß, beschrieb der Haushaltsexperte die finanziellen Auswirkungen der Gebietsreform, der sich über mehrere Jahre hinziehe.
Im Gesetzentwurf der Innenverwaltung wird anderes behauptet: „Die Verringerung um 11 Bezirke führt somit zu einer unmittelbaren jährlichen Reduzierung“ der Verwaltungskosten, die sofort mit dem Inkrafttreten der Reform im Jahr 1999 einsetze. Tatsächlich handelt es sich um eine einmalige Einsparung. Nur die merkwürdige kameralistische Buchungspraxis suggeriert, daß ab 1999 jährlich 200 Millionen weniger ausgegeben würden. Christian Füller
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