Ökobrot zum Niedrigpreis

Die „LPG Naturkost“ versorgt KundInnen mit preiswerten Ökoprodukten. Mitgliedschaft lohnt, wenn man sich konsequent gesund ernährt  ■ von Elke Eckert

Barbara, Dorothee und Christian leben in einer WG: Brot, Frischgemüse und Milch werden im Bioladen gekauft. Konserven und Toilettenpapier bei Aldi und Käse, Wurst und sonstiges in Supermärkten. Jeder zahlt dafür monatlich 260 Mark in die Kasse. Julia, Uwe und Rolf ernähren sich in ihrer WG dagegen konsequent biologisch. Dafür haben sie monatlich 500 Mark veranschlagt. Für die konsequente Öko-WG gibt es jetzt eine Möglichkeit mehr, preiswerter und doch biologisch einzukaufen: Gestern eröffnete in der Kameruner Straße im Wedding der dritte Laden der „LPG Naturkost“. Die LPG bietet eine Alternative zum Bioladen, wenn der Verbrauch an Öko-Produkten groß ist. Seit drei Jahren beliefert die Einkaufsgemeinschaft KundInnen zu Hause und verkauft ihre Waren im Laden. Die LPG wirbt damit, Waren etwa 30 Prozent unter den Verkaufspreisen und somit fast zum Selbstkostenpreis anzubieten. Nur Mehrwertsteuer und eine „Verderbschwundrate“ von 20 Prozent werden auf den Einkaufspreis aufgeschlagen.

Das System der LPG ist einfach und kompliziert zugleich. Um Waren billiger abzugeben, werden sie in großen Mengen gekauft. Verkaufsläden sind dort, wo die Mieten niedrig sind. Und beim Großhändler wird cash gezahlt, damit bei der Bank keine Schulden gemacht werden. Die LPG strebt danach, einen großen Kundenstamm an sich zu binden: KundInnen geben zunächst einmal ein zinsloses Darlehen von 100 Mark und einen monatlichen Obolus von 20 bis 35 Mark, gestaffelt nach Einkommen und Haushaltsgröße.

Werner Schauerte, einer der beiden Geschäftsführer, spricht von inzwischen 1.600 KundInnen, die jedoch hauptsächlich beliefert werden, mit 10 Prozent Zuschlag im Vergleich zum Ladenverkauf. „Bioprodukte für alle, nicht nur für Ärzte und Rechtsanwälte“ ist sein Credo. Die KundInnen liegen nach einer Blitzumfrage bei etwa 2.000 Mark netto pro Erwachsenen.

Beate Cuson hat vorher im Bioladen und im Reformhaus gekauft und merkt einen extremen Preisunterschied, vor allem bei den Kosmetika. Obst sei ihr jedoch zu teuer. Ob es sich mit dem monatlichen Mitgliedsbeitrag trotzdem lohne, wisse sie jetzt nicht, am Anfang sei sie jedoch davon überzeugt gewesen. Ihr fallen vor allem viele Eltern mit Kindern auf, die in dem Laden am Mehringdamm einkaufen. Die nächste Kundin ist mit ihrem kleinen Sohn da und findet: „Auf die Dauer gesehen lohnt es sich, hier einzukaufen.“ Im Bioladen sei es ihr irgendwann mal zu teuer gewesen. Der Zehlendorfer Bauzeichner mit vollgepacktem Rucksack weiß dank des Computerprogramms Excel, daß sich sein Umstieg auf LPG lohnen wird. Er ist zwar erst seit zwei Wochen Mitglied, hat sich aber ausgerechnet, daß er nun statt 500 Mark nur 300 Mark monatlich für seine Naturkost-Ernährung ausgeben wird.

„Ab 150 Mark pro Monat rentiert es sich“, weiß Rainer Kutsch, selbst Besitzer eines Naturkostladens und Vorsitzender des Berliner Verbands für Naturkost. Er hat es nachgerechnet und kommt damit auf das Doppelte, was die LPG in ihrer Eigenwerbung propagiert. So etwas ärgert ihn, wenn er auch ansonsten „jede Art von Vermarktung von Naturkost“ gut findet. Seine Kollegin an der Gneisenaustraße, in unmittelbarer Umgebung der LPG, ist da nicht so gnädig. Renate Hintzer ist erbost darüber, daß seit einigen Tagen „aggressivst“ geworben wird: Die Hauswand ihres Ladens ist von LPG-Plakaten eingerahmt. Die Nähe des Konkurrenten hat ihr auf jeden Fall finanzielle Einbußen beschert. Auf Anraten eines Großhändlers kauft sie nun auch größere Mengen ein und lagert sie, damit sie billiger anbieten kann. Sie hofft, daß es sich in der nächsten Zeit einpendelt, und setzt darauf, daß es „sich nur für Großeinkäufer lohnt, bei LPG einzukaufen“.