Auftrag und Struktur der Bundeswehr

■ betr.: „Ein Actionfilm am Wall“, taz vom 28.7. 97

[...] Es sind die kleinen Dinge, die in diesem Bericht und in dem vom 25.7. (Hammelburg) auffallen. Das Wort Kaltgetränk stellen die Autoren in Anführungszeichen, Landser werden falsch als „Lanzer“ geschrieben und man ist verwundert über die Verwendung von Militärbegriffen wie Front oder Feind. Schlimmer noch das allgemeine Unwissen über Auftrag und Struktur der Bundeswehr.

Die Bundeswehr ist keine politische Partei, die man verbieten könnte, sie ist eine Einrichtung der Landes- und Bündnisverteidigung mit Verfassungsrang, die gemäß Grundgesetz bei Katastrophen von den Bundesländern zur Hilfeleistung angefordert werden kann. Dementsprechend sucht sich die Bundeswehr ihre Einsatzorte nicht selber, auch wenn es dort „noch Siege zu erringen“ gibt, die sie „medienfreundlich zu präsentieren weiß“. Die Bundeswehrkräfte werden von der Einsatzleitung nach Bedarf eingesetzt, den akuten Bedarf stellen die Deichexperten vom Landesumweltamt Brandenburg fest. Traurig, wenn in der taz jemand bisher glaubte, es wäre anders, denn der kennt Recht und Gesetz nicht, denen auch die Bundeswehr unterworfen ist.

Warum wurde wohl die Bundeswehr geholt? Weil sie die einzige Organisation in Deutschland ist, die in derart kurzer Zeit eine große Masse an Personal und Material in das Katastrophengebiet schaffen kann. Warum? Weil sie über mobile Führungsstrukturen und autarke Versorgung verfügt wie keine andere Organisation, und weil man Soldaten den Einsatz befehlen kann und auf keine Absprachen mit Arbeitgebern oder Behörden angewiesen ist. Dazu gehört auch die Verwendung von militärischer Terminologie: Die Oder wird zum Feind erklärt, die Hilfskräfte zu Kameraden, die Deiche zu Fronten. Mag seltsam klingen für zivile Ohren, das sind aber die Begriffe, über die in der Armee Klarheit herrscht und es sind die Kategorien, mit denen in schriftlichen Befehlen gearbeitet wird. Wem das nicht gefällt, der muß auch sagen, daß er die Armee lieber in der Kaserne ließe, in der Hoffnung, daß zivile Strukturen die Flut zurück ins Flußbett diskutieren. Gleiches gilt für die realitätsnahe SFOR-Ausbildung in Hammelburg. Die Alternative dazu ist ein unfähiges und uncouragiertes Dutchbat wie in Srebrenica, also der offene Völkermord vor unserer Tür. [...] Daniel Limbach, Hauptmann d.R., Berlin