: Das Fell über die Ohren gezogen
Tierschutz-Organisation gewann nach über acht Jahren Prozeß gegen Hamburger Pelzhändler – und ist deshalb leider pleite ■ Von Marco Carini
Ein teurer Sieg. Nach einem jahrelangen Rechtsstreit mit dem Hamburger Pelzhändler Paul F. droht der in der Nähe von Stuttgart beheimateten Aktionsgemeinschaft Artenschutz (AGA) das Aus. Zwar bekamen die Tierschützer am Ende des achteinhalb Jahre lang dauernden Mammut-Verfahrens vor dem Hamburger Oberlandesgericht weitgehend Recht, doch die verauslagten Prozeßkosten in Höhe von rund 100.000 Mark drohen ihnen das Genick zu brechen.
„Durch absichtliches Versagen im Kostenerstattungsverfahren treibt uns die Hamburger Justiz in den Ruin“, mutmaßt AGA-Geschäftsführer Günther Peter. Sein Anwalt Martin Hack wiegelt jedoch ab: „Es geht nicht schneller“. Der Jurist geht davon aus, daß Peter „in wenigen Monaten den Hauptteil der vorgeschossenen Kosten auf seinem Konto hat“.
Für Günther Peter könnte es dann aber zu spät sein. Da auch das Spendenaufkommen für seinen Verein rückläufig ist, befinden sich auf dem AGA-Konto gerade noch rund 2.000 Mark. Eine hauptamtliche Mitarbeiterin und zwei ABM-Kräfte müssen bezahlt, Artenschutzkampagnen finanziert werden. „Zur Zeit sind wir handlungsunfähig“, klagt der Artenschützer, dem wegen seiner Verdienste im Kampf gegen illegale Fellexporte kürzlich das Bundesverdienstkreuz verliehen wurde.
Peter hofft nun auf Spenden, damit das Kalkül „der Pelzmafia, die mir mit horenden Prozeßkosten das Fell über die Ohren ziehen wollte“, nicht doch noch aufgeht. Der Hamburger Justiz wirft der Tierschützer vor, sich „willfährig“an dem „Vernichtungsfeldzug“gegen die AGA beteiligt zu haben. Denn in erster und zweiter Instanz hatten Hamburger Gerichte Anfang der 90er Jahre dem Pelzgroßhändler Recht gegeben, waren aber später vom Bundesgerichtshof (BGH) zurückgepfiffen worden.
Gestützt auf Aussagen bolivianischer Behörden hatte Peter 1988 Paul F. in einer Strafanzeige beschuldigt, sich in Bolivien Felle geschützter Wildkatzen besorgt und diese illegal über den Hamburger Freihafen nach Spanien exportiert zu haben. Das Hamburger Landgericht und das Oberlandesgericht hatten Peter untersagt, diese unbewiesenen Vorwürfe öffentlich zu wiederholen. Dabei gingen sie davon aus, daß Peter die Behauptungen auch an die Presse weitergegeben hatte.
Das aber hielt der BGH 1992 für nicht bewiesen. Zudem warf er den Hamburger Gerichten vor, auf wichtige, zum Teil extra aus Bolivien angereiste Zeugen zu Unrecht verzichtet zu haben. Seit auch noch wichtige Prozeßunterlagen auf dem Rückweg nach Hamburg unter ungeklärten Umständen verschwanden, ist das Verhältnis von Peter zur Hamburger Justiz nachhaltig gestört.
Nun befürchtet der Tierschützer zudem, „daß die Frage wann und ob die Kosten erstattet werden, von der Zahlungsfähigkeit des Fellhändlers abhängt“.
Spenden: Ditzinger Bank (BLZ: 60062398), Kto.: 33666008
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