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Frankreichs Afrika-Experten spinnen undurchsichtige Netze

■ Die Regierung in Paris will sich eher aus Afrika zurückziehen, freilich ohne die Kontrolle zu verlieren

Wenn es um Afrika geht, „scheppern die Töpfe“ – heißt es in Paris. Die Kolonialgeschichte und vor allem die seit der Dekolonisierung etablierten Spezialbeziehungen zwischen den Regierungen in Paris und den örtlichen Herrschern haben dafür gesorgt, daß alles kompliziert ist und daß keine Veränderung möglich ist, ohne großes Getöse auszulösen. Eigentlich will Paris sich schon seit langem ein wenig aus Afrika zurückziehen und nicht etwa wieder dorthin zurückgehen, wie es die komorischen Sezessionisten fordern. Freilich will Paris nicht die Kontrolle in Afrika verlieren.

Rein formal betrachtet, ist der größte Teil der französischen Kolonien in Afrika seit den sechziger Jahren unabhängig. Tatsächlich ist Afrika-Politik in Paris bis heute ein Stück Innenpolitik geblieben. Französische Präsidenten unterhalten eigene Afrika-Experten, die undurchsichtige „Netze“ auf dem Kontinent spinnen.

Die Regierung ihrerseits hat zusätzlich zum Außenministerium ein „Kooperationsministerium“, das sich vorrangig mit Afrika befaßt. Schließlich sind da noch die französischen Militärbasen in sieben Staaten, von denen über dreißig Militärinterventionen ausgegangen sind.

Umgekehrt gehört es zu den Spezialbeziehungen, daß afrikanische Herrscher ihre Pariser Freunde mit Geschenken bei Laune halten. Bokassas Diamanten für Valéry Giscard d'Estaing gehören ebenso in diese Kategorie wie die üppigen Spenden aus Gabun an französische Parteien.

Auch die Regimegegner in den Ex-Kolonien arbeiten sich bis heute an Frankreich ab. So skandierten im zentralafrikanischen Bangui Demonstranten „Tod den Franzosen!“ und sprach der Rebellenchef im französischsprachigen Zaire Laurent Désiré Kabila demonstrativ bei jeder Pressekonferenz englisch.

Statt der Neuformulierung der französischen Afrika-Politik, wie sie seit mehreren Jahren von den wechselnden Regierungen in Paris postuliert wird, ist es bislang bei einzelnen Initiativen geblieben, neben denen die alten „Netze“ ungestört weiterarbeiteten. Dazu gehört die erst Anfang der 90er Jahre erfolgte Mahnung von Präsident François Mitterrand, die Einparteienherrschaften abzuschaffen, der zum Trotz der zairische Diktator Mobutu bis fast zum bitteren Ende von Paris gestützt wurde.

Der neueste französische Rückzugsversuch aus Afrika ist militärischer Natur. In der vergangenen Woche reisten der Verteidigungs- und der Kooperationsminister aus Paris in drei afrikanische Länder – Gabun, Tschad und Zentralafrika –, um dort behutsam ihre neue Militärpolitik glaubwürdig zu machen, zu der neben der Einführung einer Berufsarmee und von schnellen Eingreiftruppen auch die Schließung von Basen in Afrika gehören soll.

Der Präsident der Zentralafrikanischen Republik, Ange-Félix Patassé, der bislang als einziger von massivem Truppenabzug betroffen ist, rächte sich umgehend für die Schmach. Schon wenige Tage später kritisierte er Frankreich – ausgerechnet von Kinshasa aus. Das liegt bekanntlich gegenwärtig im US-Einflußgebiet.

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