piwik no script img

„Das ist eine absolute Ausnahme“

■ Ein Chaos beim Arbeitsamt wegen Umorganisation gibt Berater Dathe zu. Normal sind für ihn vier Wochen Wartezeit

Müssen die Joblosen ihren Arbeitswillen unbedingt in langen Kämpfen um einen Termin im Arbeitsamt beweisen? Für Gerd Dathe sind kafkaeske Zustände wie die im obenstehenden Erfahrungsbericht geschilderten eine absolute Ausnahme im Arbeitsamt Nord. Für den stellvertretenden Leiter der Arbeitsvermittlung steht außer Zweifel, daß sich der Fall nur Ende Juli zugetragen haben kann: Die neun Berliner Arbeitsämter wurden zur Jahresmitte zu sechs zusammengelegt. Auch in seinem Haus seien dadurch „erhebliche Umzüge verursacht“ worden.

So mußten altgediente Büroräume für die Aktenhaltung umgerüstet werden. Äußerlich ändert sich zwar nichts. Auch künftig gibt es die Ämter in Wedding, in Prenzlauer Berg und in Reinickendorf. Das gesamte Personal dieser Ämter habe aber praktisch zeitgleich die Büros wechseln müssen. Die Jobsuchenden sollen nämlich künftig Anträge im selben Stockwerk abholen und abgeben können.

Wegen der Neuorganisation habe das Arbeitsamt Nord eine Woche lang nur nur einen Notdienst im Angebot gehabt – zeitlich ungünstig gelegen. Ausgerechnet „zum Monatsschluß, zum Viertel- und zum Halbjahresschluß“ sei die Arbeitsberatung weggefallen, also zu Hochzeiten der Kündigungen in den Betrieben.

Nicht nur in Notzeiten gestalten sich die Terminabsprachen mit den Arbeitsberatern allerdings recht schwierig. Auch sonst heißt es erst: Nummern ziehen, Platz nehmen und die Wände im Flur ansehen. „Das Nummernsystem hat sich bewährt“, sagt Gerd Dathe. Erst in den nächsten Wochen sollen auch Stellen für schnelle Anliegen eingerichtet werden – etwa das Ausmachen eines Termins.

Bis es dann jedoch zur eigentlichen Beratung kommt, kann es wieder einige Wochen dauern. Von den 25 Arbeitsberatern seines Hauses seien die für die kaufmännischen und akademischen Berufe besonders stark belastet. Wartezeit: mindestens vier Wochen. Doch daß der Ton des einen oder anderen seiner 794 Mitarbeiter auch mal etwas rauh ist, findet Gerd Dathe nicht. „Was den Berliner ausmacht“, findet er, „ist, daß er gern rumfrotzelt.“ Basil Wegener

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen