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Stagnation der Renten garantiert

■ Für die Regierung ist die Kürzung der Renten so gut wie beschlossen – die SPD kann nichts dagegen unternehmen

Berlin (taz) – Die Renten werden im nächsten Jahr nicht steigen, so die neue Prognose von Renten- und Sozialexperten der Bonner Parteien. Rudolf Dreßler (SPD) geht noch weiter: Für mindestens drei Jahre müßten die Rentner mit einer Nullrunde rechnen, sagte der Sozialexperte gestern zur taz.

Grund für die neue Diskussion sind zwei Regierungsbeschlüsse, die bereits Anfang letzter Woche fielen. Am Montag beschloß die Koalition, den Solizuschlag ab 1998 um zwei Prozentpunkte zu senken – was eine geschätzte Mindereinnahme von rund 7,4 Milliarden Mark bedeutet. Den finanziellen Ausgleich erhofften sich Koalitionspolitiker unter anderem durch die Rentenreform. Diese soll statt 1999 schon mit Beginn des kommenden Jahres eingeführt werden – wie die Regierung am vergangenen Dienstag beschloß.

Hoffnungen von Altenverbänden, die SPD werde diese Reform blockieren, zerstreute Dreßler: „Der Regierung reicht im Bundestag die Kanzlermehrheit.“ Er hofft dennoch, daß „viele CDU-Abgeordnete bei dem Schwachsinn nicht mitmachen werden“. Einfluß hat die SPD aber bei der Finanzierung der Rentenreform. Die Senkung der Rentenbeiträge um einen Prozentpunkt soll, wie von der Koalition geplant, durch eine Mehrwertsteuererhöhung von 15 auf 16 Prozent finanziert werden – und dieser Anhebung muß der Bundesrat und damit die SPD zustimmen. Das würden die Sozialdemokraten aber erst dann tun, wenn auch der Arbeitslosenversicherungsbeitrag gesenkt wird.

CDU und FDP sehen der nächsten Vermittlungsrunde im September dennoch optimistisch entgegen. „Die SPD wird hart bleiben“, sagt hingegen Dreßler. Wenn es im September zu keinem Kompromiß kommt, muß sich die Koalition andere Möglichkeiten der Finanzierung überlegen. Eine Möglichkeit wäre die Erhöhung der Mineralölsteuer: Die kann nämlich ohne den Bundesrat entschieden werden. Dagegen sperrt sich aber bislang die FDP.

Seit 40 Jahren gab es in Deutschland keine Nullrunde bei den Renten. In diesem Jahr waren die Renten im Westen um rund 1,6 Prozent, im Osten um 5,5 Prozent gestiegen. Die 3,6 Millionen Rentner in den neuen Ländern können auch für 1998 mit einer Erhöhung um etwa ein Prozent rechnen, so die Prognose der Koalitionsexperten. Nicol Ljubic

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