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Molotowcocktails auf SPAR-Lager

■ Fünf LKWs abgefackelt und fünfzig Reifen zerstochen. Supermarktkette beliefert zentrale Asylbewerberläden

Die Botschaft war eindeutig: Mit Molotowcocktails setzten bisher unbekannte TäterInnen fünf LKWs und Sattelzüge der SPAR Handels AG am Wochenende in Brand. Die Laster, die im ostdeutschen Zentrallager der SPAR AG in Mittenwalde südlich von Berlin standen, wurden durch das Feuer völlig zerstört. Außerdem schmissen die Täter bei 25 weiteren Fahrzeugen die Frontscheiben ein und zerstachen fünfzig Autoreifen. Schließlich sprühten sie auf eine Lagerhalle „Kein Sparen an Flüchtlingen. SPAR ist rassistisch“ und einen schwarzen Anarcho-Stern. Der Mittenwalder SPAR-Sprecher Dieter Feger geht davon aus, daß sich der Schaden auf rund drei Millionen Mark belaufe. Der Staatsschutz ermittelt. Die Täter stammen vermutlich aus dem antirassistischen oder autonomen Spektrum.

Feger wollte zu möglichen Tatmotiven gestern keine Stellungnahme abgeben: „Ich möchte da nichts interpretieren.“ Tatsache ist jedoch, daß SPAR in Berlin zwei zentrale Magazinläden beliefert, in denen derzeit rund 2.300 AsylbewerberInnen aus der ganzen Stadt ihre Lebensmittel kaufen müssen. Seit der Änderung des Asylbewerberleistungsgesetzes am 1. Juni dieses Jahres können sie nicht mehr in „normalen“ Supermärkten einkaufen, sondern müssen in den Läden in Kreuzberg und Reinickendorf ihre Lebensmittel per Chipkarte abbuchen.

Die Läden werden von der privaten Sorat GmbH betrieben, deren Firmengruppe auch Hotels betreibt. SPAR beliefere die Magazinläden deshalb, weil sich das Unternehmen als einzige Lebensmittelkette zur Verfügung gestellt habe, so Wolf-Rüdiger Westphal von der Sozialverwaltung.

Flüchtlingsorganisationen hatten in den vergangenen Wochen immer wieder die Einkaufspraxis, die der Senat in den nächsten Monaten auf alle AsylbewerberInnen und Flüchtlinge ausweiten will, kritisiert: Das Lebensmittelangebot in den Läden sei mangelhaft und nicht auf die Bedürfnisse der Flüchtlinge zugeschnitten. Außerdem seien die Preise weitaus höher als in Billigdiscountern.

SPAR-Sprecher Feger sagte, daß Sorat „ein ganz normaler Kunde“ sei. SPAR würde die Magazinläden nach den gewünschten Bestellungen beliefern. Die Preise seien die gleichen wie für die dreihundert anderen Einzelhändler auch: „Wie Sorat allerdings dann die Verkaufspreise kalkuliert, weiß ich nicht.“ SPAR werde Sorat weiter beliefern, bis diese das nicht mehr wünschten. Hans-Jürgen Haehnsen, Leiter der sozialen Dienste bei Sorat, betonte, daß Sorat keine Gewinne durch den Verkauf erzielen würde. In den Magazinläden würden die Einkaufspreise von SPAR gelten. Julia Naumann

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