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Mietspiegel lächelt und zeigt Fratze

■ Bausenator legt ersten Mietspiegel für die östlichen Bezirke vor. Der Ostmieter zahlt im Schnitt zwar weniger als der Westmieter. Im modernisierten Altbau liegen die Mieten aber 20 Prozent über Westniveau

Das Märchen vom billigen Wohnen im Ostteil der Stadt gilt nicht mehr. Zwar bezahlen die Mieter zwischen Mitte und Marzahn im Durchschnitt mit 6,49 Mark pro Quadratmeter noch immer 84 Pfennig weniger als die Bewohner in den westlichen Bezirken – was hauptsächlich am Gros der preiswerten Plattenbauten liegt. Beim Altbaubestand jedoch hat sich das Mietniveau in beiden Stadthälften bereits weitgehend angenähert. Und bei modernisierten Altbauten zahlen die Ostberliner bereits 20 Prozent mehr Nettokaltmiete als die Bewohner vergleichbarer Wohnungen im Westen. Dies geht aus dem „ersten Mietspiegel für die östlichen Bezirke“ hervor, den Bausenator Jürgen Klemann (CDU) gestern präsentierte. Der Mietspiegel weist die „ortsüblichen Vergleichsmieten“ für rund 571.000 Wohnungen in Mehrfamilienhäusern aus.

Ursache für diese extreme Mietentwicklung im Altbaubestand sei gewesen, sagte Klemann, daß die nach dem Fall der Mauer durchgeführten Modernisierungsmaßnahmen zu einer hohen Kostenumlage geführt hätten. Eine Differenzierung der Miethöhe habe vor allem nach dem jeweiligen Ausstattungsstandard der Wohnungen stattgefunden. Zugleich, so Klemann, zeige der neue Mietspiegel, daß die Mietpreise im Osten der Stadt nach wie vor auch günstig seien. Die Spanne reiche von 3,55 Mark bei sogenannten Substandardwohnungen über Plattenbauwohnungen (bis zu 10,08 Mark) bis hin zu renovierten Altbauten, für die man 15,06 Mark pro Quadratmeter netto kalt aufbringen müsse.

Klemann verwies bei der Vorstellung des Mietspiegels darauf, daß das Mietenüberleitungsgesetz von 1995 in diesem Jahr stufenweise außer Kraft tritt. Seit dem 1. Juli sei die Mietpreisbindung für neu zu vermietende Wohnungen entfallen. Die zulässige Obergrenze bei neuen Mietabschlüssen liege bei 20 Prozent über der ortsüblichen Vergleichsmiete. Ab dem 1. Januar 1998 gelte die Mietpreisbindung auch nicht mehr für die bestehenden Mietverhältnisse.

Durch den Mietspiegel werde im Ostteil Berlins die „notwendige Transparenz“ zur Einführung des Vergleichsmietensystems ab 1998 geschaffen, sagte der Bausenator. In den westlichen Bezirken habe sich der Mietspiegel seit fast zehn Jahren als Instrument für die Bestimmung der ortsüblichen Vergleichsmiete bewährt. Die Mieterverbände, die das Vergleichswerk mit unterzeichnet haben, sowie die PDS-Fraktion im Abgeordnetenhaus hoben zwar die Rechtssicherheit für Mieter durch das Kontrollinstrument hervor. Zugleich warnten sie vor falschen Hoffnungen. Der Mietspiegel werde nicht zu Mietsenkungen führen. Der Mietspiegel, so Bodo Meinecke von der Berliner Mietergemeinschaft, eröffne Vermietern „erhebliche Mieterhöhungsspielräume“. Außerdem sei fragwürdig, ob angesichts der sozialen Lage im Ostteil „Mieterhöhungen verkraftet werden könnten“. Kritikwürdig sei ebenso die „Höherstufung in Sanierungsgebieten“. Rolf Lautenschläger

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