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Wissmann: Tropenholz zu Wasserstraßen

■ Verkehrsminister erlaubt, wieder Tropenholz aus Kahlschlag zu verbauen

Berlin (taz) – Freie Fahrt für die Kettensägen plündernder Holzkonzerne gibt ein Erlaß aus dem Hause Wissmann. Ende April ließ der CDU-Bundesverkehrsminister einen Brief verschicken, der Schluß macht mit dem Zweifel an Mahagoni und Teak: „Tropische Hölzer können wieder uneingeschränkt bei baulichen Maßnahmen verwendet werden“, heißt es in dem Schrieb, den Robin Wood gestern öffentlich machte.

Die Begründung in dem Neunzeiler ist lapidar: Die Bundesregierung sei zu dem Ergebnis gekommen, daß Boykotte und Verwendungsbeschränkungen „nicht geeignet sind, den Rückgang der Tropenwälder zu stoppen“. Während Bundeskanzler Helmut Kohl sich im Juni auf dem Umweltgipfel in New York zum Oberwaldschützer aufspielte, hatte Matthias Wissmann den Einsatz von Tropenholz aus Kahlschlag für den Wasserbau bereits wieder erlaubt.

„Ein falsches Signal“, kritisierte Robin Wood gestern in einem offenen Brief an Wissmann. Rund acht Jahre lang war Tropenholz beim Wasserbau verboten. Nun werde ökologisch gewonnenes Tropenholz niemals einen Absatzmarkt finden, klagt Christoph Meyer von Robin Wood. „Der Erlaß sabotiert alle Bemühungen, die bislang verheerende tropische Waldwirtschaft zu verbessern.“

In seiner Argumentation beruft sich das Verkehrsministerium auf den vom Kabinett verabschiedeten 4. Tropenwaldbericht, demzufolge ein Boykott wirkungslos sei. Offenbar haben Wissmanns Beamte nicht gründlich gelesen, denn dort heißt es in Kapitel V.1.2: „Es gibt durchaus naturschonende Nutzung der Tropenwälder. Statt einen Verzicht auf jegliche Nutzung zu fordern, müsse diese konsequent gefördert werden. Ein wesentlicher Beitrag hierzu könnte darin bestehen, nur noch Holz einzuführen, das aus nachhaltiger Bewirtschaftung stammt.“ Außerdem sei die Bundesregierung nach dem Internationalen Tropenholz- Übereinkommen (ITTA) nicht berechtigt, Verwendungsbeschränkungen zu ergreifen. Meyer widerspricht: Das ITTA verbiete nur Handelsbeschränkungen.

Bei Robin Wood häufen sich derweil nach eigenen Angaben Anrufe verunsicherter Firmen, die dem Erlaß nicht so recht glauben wollen. Zu offensichtlich ist der Widerspruch zu Kohls Wald-PR. Tatsächlich gibt es inzwischen ein internationales Tropenholzzertifikat des Forest Stewardship Council (FSC), das Hamburg zum Beispiel anerkannt hat. Dort dürfen nur noch Hölzer mit dem FSC-Siegel verbaut werden. Zwar ist das Siegel bei Umweltschützern umstritten (siehe taz vom 9. 4. 1997). „Es ist noch nicht ausgereift“, sagt auch Robin-Wood-Waldexperte Meyer. „Aber FSC ist auf jeden Fall besser als Raubbauholz.“

Vielleicht nimmt Wissmann aber auch nur die Entwicklung im Gesamtkabinett vorweg. So wurde im 5. Tropenwaldbericht, der nach dem Wissmann-Erlaß durch Kohls Ministerrunde ging, die Empfehlung, „nur noch“ Holz aus nachhaltiger Bewirtschaftung einzusetzen, durch die Formulierung „bevorzugt“ ersetzt. Matthias Urbach

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