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Neuer Megatresor für die Schweiz

■ Es geht los mit der Verschmelzung von Banken und Versicherungen: Aus Crédit Suisse und Winterthur entsteht einer der größten Finanzkonzerne der Welt. Auch in Deutschland wird über solche Fusionen spekuliert

Berlin (taz) – Von wegen die Schweizer sind behäbig: Nachdem die drei Schweizer Großbanken in den letzten Jahren ihr Geschäft im Lande und international auf Vodermann gebracht haben, gehen sie nun wiederum voran in Europa: Die Crédit- Suisse-Gruppe verschmilzt auf dem Weg des Aktientausches mit dem Versicherer Winterthur. Beide sind in der Schweiz jeweils die Nummern zwei in ihrer Branche.

Bei der Fusion geht es weniger um Stellenabbau. Nach Angaben der Konzernchefs sollen 500 der insgesamt rund 62.600 Arbeitsplätze durch die Fusion überflüssig werden – nach heutigen Verhältnissen also eher wenig. Im neuen Unternehmen können vielmehr einerseits den Bankkunden gleich die Versicherungen der Schwestergesellschaft empfohlen werden. Andererseits entsteht durch die Fusion einer der mächtigsten Finanzkonzerne der Welt.

Weil sowohl Banken wie auch Versicherungen in den letzten Jahren Milliarden um Milliarden zurückgelegt haben, sind sie bereit für einen Kampf um die riesigen Summen, die derzeit weltweit einen Verwalter suchen. So legen zum Beispiel immer mehr Menschen ihre Ersparnisse an der Börse und in Anleihen an, um im Alter ihre Renten aufzubessern.

Dieses Geschäft war in Deutschland bisher den Banken vorbehalten. Nun jedoch werben immer mehr auf Fondsverwaltung spezialisierte Firmen um das Geld der Kunden. Und auch die Versicherungen drängen auf die lukrative Verwaltung der Ersparnisse. Gleichzeitig wollen die Banken auf den Markt der Lebens- und Krankenversicherungen, weil dort die Gewinnmargen hoch sind.

Wo ein derartiges Gedrängel um die Kundschaft herrscht, werden die Gewinnmargen aber schnell enger, und dafür rüstet sich die Branche nun mit Fusionen. Die Versicherer haben dabei in Deutschland einen Vorteil: Sie betreuen schon Millionen Kunden über ihr Vertreternetz.

Die neue Schweizer Finanzgruppe ist groß genug, um mit jedem derzeitigen Konkurrenten mithalten zu können: Sie betreut 15 Millionen Kunden weltweit und verwaltet ein Vermögen von etwa 700 Milliarden Franken (854 Milliarden Mark). Der Wert der Aktien von Crédit Suisse und Winterthur an der Börse liegt derzeit bei über 50 Milliarden Franken. Die Schweizer arbeiten schon seit einem Jahr zusammen und wollten eigentlich nicht so schnell fusionieren. Ein dritter Akteur, die Schweizerische Investmentbank, hatte aber in letzter Zeit an die 25 Prozent der Winterthur-Aktien gekauft und angekündigt, die Mehrheit zu übernehmen. Dann wäre die Fusion von Crédit Suisse und Winterthur von der Zustimmung des Großaktionärs abhängig gewesen. So haben die Crédit und die Winterthur die Flucht nach vorn angetreten.

In Deutschland hat die Fusion wieder einmal die Phantasien der Börsianer angeregt: Wird nun die Allianz mit der Dresdner Bank zusammengehen? Immerhin hält der Versicherungsriese schon 22 Prozent an Deutschlands Bank Nummer drei, und der Dresdner gehören zehn Prozent der Allianz. Aber auch für die Commerzbank werden immmer neue Käufer oder Partner gehandelt. Hier reichten die Gerüchte Ende der letzten Woche von der Schweiz bis zur Hong Kong Shanghai Bank. Und die Volksfürsorge, eine Tochter der Aachener und Münchner, Deutschlands Versicherung Nummer drei, hat schon mehrmals ihr Interesse an der Postbank bekundet. Eine Preisfrage ist auch, wo die andere Seite zuschlägt: Die Deutsche Bank würde vieleicht auch gern die Vertriebsstruktur eines Versicherers dazukaufen. Viel Raum für Spekulationen also. Reiner Metzger

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