Nachgefragt
: „Zu kurz gedacht“

■ JU-Chef Jens Eckhoff kritisiert die populistische Kriminalitätsdebatte

„Ausbildungsplätze statt starker Sprüche“. Mit diesen Worten kritisierte JU-Chef Jens Eckhoff die Äußerungen Christian Webers. Der SPD-Fraktionschef hatte in der vergangenen Woche gefordert, jugendliche Täter härter zu bestrafen und ausländische Kriminelle abzuschieben. Anstatt mit populistischen Forderungen Öl ins Feuer zu gießen, sollten sich Politiker lieber darauf konzentrieren, Ausbildungsplätze und Integrationsprogramme zu schaffen.

Herr Eckhoff, Christian Weber hat nach den Unruhen in Kattenturm schärfere Gesetze gefordert. Glauben Sie als Vorsitzender einer politischen Nachwuchsorganisation auch, daß man mit einer härteren Gangart Herr der Lage wird?

Nein. Die Forderungen Webers sind reiner Populismus. Die Junge Union ist davon überzeugt, daß man eine geteilte Strategie verfolgen muß. Das Problem ist für einfache Lösungen viel zu kompliziert. Gerade in Kattenturm haben wir es mit sehr unterschiedlichen Jugendlichen zu tun. Es gibt den Teil der Jugendlichen, die einen Asylbewerberstatus haben. Es gibt ausländische Jugendliche, die zum Teil schon in zweiter und dritter Generation hier leben. Und es gibt deutsche Jugendliche, die ebenfalls ein Problempotential darstellen, weil sie keine Ausbildungsplätze haben. Eine härtere Gangart geht an der Problemlösung vorbei.

Und welches Patentrezept hat die Junge Union?

Es muß zum Beispiel ein Angebot geschaffen werden, die ausländischen Jugendlichen in die Gesellschaft einzugliedern.

Auf dem letzten CDU-Landesparteitag hat die Junge Union eine Novellierung des Staatsbürgerrechts gefordert und ist bei den älteren Parteifreunden durchgefallen.

Das würde ich nicht so sagen. Wir haben immerhin die Diskussion angekurbelt. Die Junge Union fordert weiterhin, daß Kindern von Ausländern, die in zweiter Generation in Deutschland leben, automatisch die deutsche Staatsangehörigkeit gegeben wird. Spätestens mit 18 sollen diese Kinder entscheiden können, ob sie die deutsche Staatsangehörigkeit behalten wollen oder nicht. Außerdem muß man das Problem differenzierter sehen. Es gibt sicherlich Ausländer, die ihren Asylstatus mißbrauchen. Die werden dann aber mit allen anderen Ausländern, die schon lange hier leben, in einen Topf geworden. Das ist gefährlich und leistet dem Rechtsradikalismus Vorschub. Die Differenzierung, die nötig ist, um die Probleme anzupacken, findet nicht mehr statt.

Weber gießt also Öl ins Feuer?

Ja. Und das nützt niemanden. Stattdessen müssen neue Ausbildungsperspektiven für die Jugendlichen geschaffen werden. Die Jugendlichen haben doch noch nicht einmal mehr die Chance, in Bremen einen vernünftigen Hauptschulabschluß zu machen. Die Hauptschule ist hier absolut vernachlässigt worden und zur Resteschule verkommen. Dabei wäre diese Schulart mit einem starken Praxisbezug in Richtung Handwerk für viele Jugendliche eine Chance gewesen. Darüber hinaus müssen Ausbildungsplätze für die Jugendlichen geschaffen werden, damit sie nicht auf der Straße rumhängen. Wenn alle Maßnahmen zur Schaffung von Lehrstellen nicht greifen, muß man sogar darüber nachdenken, ob man nicht eine Initiative zur Umlagefinanzierung ins Leben rufen sollte.

Fragen: Kerstin Schneider