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Alte Leute dürfen nicht

■ 65jähriger durfte nicht als Bürgermeister kandidieren. Karlsruhe lehnte seine Verfassungsbeschwerde gestern ab

Freiburg (taz) – Die Diskriminierung alter Menschen bei Bürgermeisterwahlen ist verfassungsgemäß. Dies entschied gestern das Bundesverfassungsgericht. Geklagt hatte ein 65jähriger Kommunalpolitiker aus Jesteburg bei Harburg. Er wollte am 28. September als Bürgermeister kandidieren, obwohl die niedersächsische Gemeindeordnung bestimmt, daß KandidatInnen maximal 64 Jahre alt sein dürfen.

Das fand der bei der „Bürgerunion Jesteburg“ engagierte Politiker ungerecht. Schließlich gebe es auch keine Altersgrenze für MinisterInnen, obwohl diese eine ähnliche Tätigkeit ausübten. Daß Menschen ab dem 65. Lebensjahr in ihrer Leistungsfähigkeit nachlassen, sei nach „neueren Erkenntnissen der Altersforschung“ ohnehin nicht mehr aufrechtzuerhalten. Vielmehr bleibe die erfahrungsgebundene und praktische Intelligenz im Alter weitgehend erhalten und entwickle sich weiter.

Der Mann argumentierte erfolglos. Die RichterInnen Karin Graßhof (60), Hans-Joachim Jentsch (59) und Paul Kirchhof (54) erwiderten unter Verweis auf ihre „Lebenserfahrung“, und die besage, „daß die Gefahr einer Beeinträchtigung der Leistungsfähigkeit auch heute noch mit zunehmendem Alter größer wird“. Zwar drohe diese Beeinträchtigung auch niedersächsischen MinisterInnen, doch könne sich der Ministerpräsident in einer „Einzelfallprüfung“ vom Gesundheits- und Geisteszustand einer KandidatIn überzeugen, was bei Bürgermeisterwahlen nicht möglich sei. Auch seien MinisterInnen leichter zu entlassen als BürgermeisterInnen. (Az.:2BvR1088/97) Christian Rath

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