: „Das ist alles noch nicht zu beziffern“
■ Senat gibt zu: Erlöse aus der Hafen-City reichen nicht für Altenwerder
Als die Hitze im Saal die 35-Grad-Marke zu überschreiten drohte und die Fragen der GAL-Bürgerschaftsabgeordneten Heike Sudmann seine Geduld strapazierten, wurde der Stadtentwicklungssenator ungewohnt deutlich: „Altenwerder ist auch ohne die Hafen-City finanzierbar“, betonte Thomas Mirow (SPD) jede Silbe. Der Senat hoffe zwar, erklärte er auf der Sitzung des Stadtentwicklungsausschusses am Dienstag abend, die Hafenerweiterung „in Teilen“über Flächenverkäufe in der Hafen-City zu bezahlen. Sollten die aber keine Überschüsse abwerfen, werde „Altenwerder auch unabhängig davon“stattfinden – finanziert auf Pump und aus dem Stadthaushalt.
„Sie machen einen Rückzieher“, triumphierte Sudmann. Stets habe der Senat die Planung der Hafen-City im Südwesten der Speicherstadt finanziell mit der Hafenerweiterung in Altenwerder verknüpft. Nun aber, da Experten aus Wirtschaft und Architektur vorige Woche die „Machbarkeit“bezweifelten, müsse auch die Regierung zugeben, daß die Hafen-City das mindestens 513 Millionen Mark teure Projekt Altenwerder nicht trage.
„Planungskosten und Erlöse, die in 30 oder 40 Jahren stattfinden, sind heute nicht bezifferbar“, räumte Mirow ein. Dennoch sei man optimistisch, sagte Heinz Giszas, Staatsrat der Wirtschaftsbehörde. Und gewährte dem zahlenhungrigen Ausschuß endlich Einblick in seine „Plausibilitätsrechnung“.
Danach geht der Senat von 120 Mark Erschließungskosten pro Quadratmeter Landfläche aus. Das 100 Hektar große Gebiet der Hafen-City müßte demnach für 120 Million Mark herzurichten sein. „Moderat gerechnet“erhofft sich die Finanzbehörde Erlöse zwischen 800 Mark pro Quadratmeter Wohnen und 1200 Mark pro Quadratmeter Gewerbe. Der Gesamtgewinn hänge also von der Nutzungsmischung und von dem Zeitpunkt der Herrichtung (Beginn 2005 oder 2010) ab.
Allerdings sei die Erschließung nur dann so günstig, räumte Giszas ein, wenn bestehende Brücken und Straßen benutzt würden und als Hochwasserschutz die Aufhöhung des Areals um 2,50 Meter ausreiche. Auch seien darin weder Kindergärten noch Schulen eingerechnet. Zum Vergleich: Die Erschließungskosten für die Neubaugebiete Neugraben-Fischbek und Neu-Allermöhe-West werden auf 40 bzw. 103 Mark pro Quadratmeter geschätzt.
Die Münchner Stadtbaurätin Christiane Thalgott und der Frankfurter Stadtbauer Heinz-Günther Lang bezweifeln die Senats-Zahlen. Sie schätzen die Kosten achtmal so hoch – auf 800 bis 1.000 Mark pro Quadratmeter. „Sich heute darüber den Kopf zu zerbrechen, wo wir doch alle nicht ewig sind“, sei doch müßig, spielte Mirow auf die Wahl im September an. Die Bürgerschaft solle lieber nächste Woche der Weiterentwicklung des Projekts Hafen-City zustimmen und dafür 110 Millionen Mark lockermachen. Die rot-grauen Regierungsparteien wollen das auch tun, CDU und GAL zunächst die Zahlen „prüfen“. Heike Haarhoff
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