Monopoly um Scientology-Villa

■ Zweimal wechselte das noble Domizil am Osterdeich binnen eines Jahres den Eigentümer / Sektenexperten sehen die Jünger von L. Ron Hubbard zunehmend unter Druck

Die Scientology-Organisation ist offenbar in der Defensive. Selten sah man die Sekte mit Sitz am Bremer Osterdeich 27 zuletzt noch in der Öffentlichkeit. Und auch im Inneren des Vereins scheint es Probleme zu geben, möglicherweise mangelt es an Geld. Gleich zweimal in einem Jahr ging die Villa in Bremens feinster Wohngegend an einen neuen Besitzer.

„Wie die Jungfrau zum Kind“, stöhnte gestern ein Mitarbeiter der Pinneberger Kreissparkasse, sei man Mitte letzten Jahres an das Haus gekommen. Das Geldinstitut hatte dem Hamburger Immobilienmakler Andreas Reuke einen Kredit für das schöne Objekt am Bremer Osterdeich gegeben. Reuke, der nach Angaben der Hamburger Scientology-Expertin Ursula Caberta dem Kreis der Sekte angehört, ging pleite und die Pinneberger Kreissparkasse ersteigerte das Objekt: „Wir mußten wirtschaftlichen Schaden von uns abwenden. Also mußten wir mitsteigern“, hieß es dazu gestern in Pinneberg.

Schnell wollte man die heiße Ware mit dem ungeliebten Mieter wieder loswerden – doch erst im Dezember fand sich ein Käufer, Jochen L. aus Lilienthal bei Bremen. Auch dieser, so vermuten Insider, gehört zum Scientologenkreis.

Während das Haus am Osterdeich also von Hand zu Hand wandert,e wurde die Scientologen-Dependence in Hamburg kürzlich geschlossen. Ursula Caberta, die am Dienstag im Haus Schütting ihr neues Buch „Scientology greift an. Der Insider-Report über die unheimliche Macht des L.Ron Hubbard“vorstellte, vermutet, daß ihre Öffentlichkeitsarbeit langsam Früchte trägt: „Es ist nicht mehr so einfach für die Scientologen, die Leute zu catchen“, so die Leiterin der Arbeitsgruppe „Scientology“in der Hamburger Innenbehörde.

Und dabei hatte der Bremer Scientologe Karl-Heinz Vogel letztes Jahr noch zur Offensive geblasen. „Eine heißen Herbst“habe der damalige Direktor im Haus am Osterdeich ihm versprochen, so Bernhard Brünjes, Vorsitzender der Bremer Sektenberatung: Man wolle nun wieder aggressiv an die Öffentlichkeit gehen, sei ihm von Scientology verkündet worden. Bald darauf aber sei Vogel als Direktor abgelöst worden: Von einem heißen Herbst war nichts zu spüren.

Im Gegenteil: Die Scientologen geraten offenbar zunehmend unter Druck. Auf der Veranstaltung am Dienstag kam dies zur Sprache. Inzwischen steht die Politsekte des wahrscheinlich 1986 verstorbenen L.Ron Hubbard offiziell unter Beobachtung des Verfassungsschutzes. Mit dessen ersten Bericht an die Innenminister wird sich entscheiden, ob die Scientologen als verfassungsfeindlich eingestuft werden. Und vier Jahre nach einem entsprechenden Gerichtsurteil in Hamburg hat in diesem Jahr auch das Bremer Oberverwaltungsgericht entschieden, daß der Verein keine idealistische Weltanschauungsgemeinschaft ist, sondern ein Wirtschaftsunternehmen.

Seitdem müssen die Mieter am Osterdeich über ihre Einnahmen Rechenschaft abgeben. Doch Gunther Träger, einst als „Titan des 5. Grades“bei den deutschen Scientologen im Führungsclan und heute als Aussteiger Co-Autor von „Scientology greift an“machte auch klar, daß Macht und Geld heute nicht mehr nur über den Verein und seine Mitglieder, sondern auch durch die sektennahen Unternehmensberatungen in Scientologenhand fließen. Dazu der Tip von Frau Caberta, sich von den Management-Beratern unterschreiben zu lassen, daß sie „die Technologie von Hubbard“ablehnten. Dies soll wie ein guter Lügendetektor wirken: Ein Scientologe, der unter diesen Satz seinen Namen setzt, ist im Innercircle zum „Schwerverbrechen“geworden kling