■ Querspalte: Blödes blondes Meckpom
Mecklenburg-Vorpommern ist schon zu bedauern. Da hat man Strände, weiß wie am Mittelmeer. Nur mit dem Image will es so recht nicht klappen. Dummbeutelige Kahlgeschorene halten allsommerlich ihr reinrassiges Club-Ost-Programm ab, keulenschwingend. Das macht sich touristisch gar nicht gut. An diesem Freitag soll nun eine Werbekampagne die Misere lindern helfen, gesponsert von der Landesregierung, ausgearbeitet von einer Greifswalder Agentur. Vorab ließ man schon mal einen Mecklenburger Appetizer los. In Magazinen lächelt uns eine Eingeborene entgegen: Jule aus Greifswald, Studentin, kraushaarig und von hellbrauner Hautfarbe. Darüber leuchtet es fetzig: „Blond, blauäugig, blöd“. Eine Anzeige für Clevere also. Humor aber ist nicht nur in Norddeutschland eine Kühlware, sondern auch in Hessen. Das Wort-Bild-Spiel brachte einen Kaufmann aus Marburg in Rage. Er stellte Strafanzeige gegen Ministerpräsident Berndt Seite – wegen Volksverhetzung. Schließlich werde da eine „ganze ethnische Gruppe diskriminiert“, plusterte sich der 32jährige mächtig völkisch auf. Auf Nachfrage der taz beteuerte er, er sei auch blauäugig und blond, aber „nicht blöd“.
Auch die Mecklenburger Bündnisgrünen, von denen wir schon dachten, sie seien nach der Wahlschlappe endgültig in der Ostsee baden gegangen, wollten mal wieder erwähnt werden. Landessprecher Klaus-Dieter Feige mußte nicht lange suchen, schon hatte er den reichen Wortschatz der Gutmenschen zu Papier gebracht: Das Bild erinnere an „schlüpfrige Kontaktanzeigen“, bediene „auf primitive Weise“ sowohl „sexistische als auch nationalistische Klischees“. Irgend etwas fehlte doch da noch? „Rassistisch“, Herr Feige, „rassistisch“ haben wir in Ihrer Mitteilung schmerzlich vermißt.
Ja, die Meckpoms: Haben sie es nicht schwer? „Und überhaupt ist bei uns manches anders, als man denkt“, heißt es in der Anzeige. Das glauben wir gerne. Denn Menschen wie Jule, so fürchten wir, sollten einen Strandbesuch, zumal alleine, lieber sein lassen. Severin Weiland
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen