piwik no script img

Neuer Praxistest für Umweltschutz bei Hoechst

■ Die Umstrukturierung des Chemiekonzerns ändert Entscheidungskompetenzen

Frankfurt/Main (taz) – Noch tönt aus den Lautsprechern der S-Bahn-Linie 1 „Farbwerke!“, wenn der Zug den schäbigen Werksbahnhof zwischen den Stadtteilen Höchst und Sossenheim erreicht. Doch „Farbwerke Hoechst“ heißt das Unternehmen, für das dieser Bahnhof einmal gebaut wurde, längst nicht mehr. Seit kurzem ist nun auch die Umstrukturierung abgeschlossen. Die Hoechst AG ist eine strategische Management Holding geworden. Damit firmieren die traditionellen Geschäftsbereiche wie Chemikalien und Spezialchemie – die eigentlichen „Farbwerke“ – heute als Celanese GmbH und Virteon Spezialchemikalien GmbH.

Die Holding legte gestern den letzten Halbjahresbericht für Konzern und AG für den Zeitraum vor dem Abschluß der Umstrukturierung vor. Der Umsatz ist um sieben Prozent auf 27,886 Milliarden Mark gestiegen, der – zum Vergleich mit dem Vorjahr bereinigte – Gewinn um zehn Prozent. Doch während sich das operative Geschäft von Konzern und Hoechst AG – schon umgerechnet und orientiert an den neuen Konzernstrukturen – laut AG-Finanzvorstand Klaus-Jürgen Schmieder insgesamt erfreulich entwickelte, ist die Neuordnung der Kompetenzen bei Umweltschutz und Sicherheit noch nicht abgeschlossen. Es werde sich erst noch zeigen müssen, ob die neue Struktur für die Bevölkerung in den Stadtteilen Griesheim, Schwanheim und Höchst auch einen Zuwachs an Sicherheit vor Stör- und Unfällen bringt und der Umwelt generell weitere Entlastung, räumte Carsten Henschel ein, der Referent für Technik und Umwelt.

„Der Vorstand entläßt konzernweit Umweltschutz- und Sicherheitsrichtlinien“, heißt es zwar in den von Hoechst-Chef Jürgen Dormann vorgelegten Richtlinien für die Umstrukturierung. Doch noch ist völlig offen, wie der Vorstand der Holding auf die neuen großen Tochtergesellschaften einwirken kann, wenn sie sich aus ökonomischen Gründen gegen bestimmte Auflagen der Holding sperren sollten – schließlich sind sie rechtlich selbständige Unternehmen. „Da wird es dann wohl krachen, oder es kommt zu einem Kompromiß“, glaubt Henschel. Noch befinde sich das ganze System „im Praxistest“. Und der werde die Holding und die Tochtergesellschaften noch ein paar Monate beschäftigen. Klaus-Peter Klingelschmitt

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen