Kopf über Wasser

■ Die Wasserballerin Christiane Hoffmann aus Hamburg will die EM in Sevilla zur Werbung für ihren Sport nutzen

Die Trainings-Plackerei hat sich für Christiane Hoffmann gelohnt. Gehofft habe sie schon, mit zu den Europameisterschaften nach Sevilla fahren zu dürfen, sagt die 19jährige Wasserballspielerin vom SV Poseidon. „Aber so richtig gerechnet habe ich damit nicht“, gibt die Eimsbüttelerin zu. Um so größer war die Freude, für die Auswahl nominiert worden zu sein – als einzige Hamburgerin.

Seit Anfang des Jahres besuchte Christiane Hoffmann die A-Lehrgänge, nicht gerade mit Begeisterung: „Diese Wochenendtermine sind ätzend“, meint die Abiturientin. Der Deutsche Schwimm-Verband (DSV), dem Wasserball zugeordnet ist, hält sich vornehm zurück. Während der DSV die Lehrgänge der Wasserballmänner im Olympiastützpunkt von Warendorf voll finanziert, müssen die Frauen alles selbst organisieren.

Die Kurse finden bei verschiedenen Vereinen statt. Übernachtet wird bei den Familien der einheimischen Spielerinnen. Nur die Hälfte der Fahrtkosten trägt der DSV. Den Rest zahlen die Spielerinnen selbst, wenn nicht die Vereine einspringen. „Normalerweise hätte ich ein schönes Wochenende“, ärgert sich Hoffmann. Aber so fahre sie dahin, „und am Ende muß ich auch noch zahlen.“Die Männer bekommen sogar 65 Mark Gage pro Lehrgangstag.

Aber Frauenwasserball ist auch keine olympische Sportart, argumentieren Verbands-Funktionäre immer wieder. Deshalb sei die Verteilung gerecht und auch, daß keine Fördermittel des Bundes fließen. Die Stimmung in der Frauen-Nationalauswahl ist deswegen gereizt. „Natürlich regt sich jeder auf“, weiß Hoffmann.

Wasserball ist für sie ein aufwendiges Hobby. Viermal in der Woche Training, und in ihrer Freizeit sind die Spielerinnen noch damit beschäftigt, Geldquellen für ihren Sport zu erschließen. „Die Mädchen sind sehr engagiert“, weiß Erika Voß, im DSV für Frauenwasserball zuständig, „sie drucken sogar T-Shirts, die sie verkaufen.“

Angesichts der stiefväterlichen Behandlung verwundert es nicht, daß die deutschen Wasserball-Frauen nicht zur Weltspitze gehören. Bei einer „Ersatzolympiade“, die vergangenes Jahr in den Niederlanden parallel zu den Olympischen Spielen ausgetragen wurde, landeten sie unter zwölf Teams auf Platz neun.

Die bis zum 23. August dauernde EM ist die letzte Möglichkeit, sich noch für die Weltmeisterschaften 1998 im australischen Perth zu qualifizieren. Doch dazu wäre mindestens Platz sechs nötig. „Wenn wir uns anstrengen, haben wir eine Chance“, glaubt Hoffmann. Der Auftakt in der Vorrunden-Gruppe A verlief erfolgversprechend: Zwei sichere Siege gegen Jugoslawien und Tschechien. Heute gegen Frankreich ist ein weiterer Erfolg „Pflicht“, fordert Bundestrainer Rainer Fiesel.

Doch selbst wenn die WM-Qualifikation glücken sollte, ist nicht sicher, ob der Trip nach down under überhaupt finanzierbar wäre. Schließlich stand lange nicht einmal fest, ob der DSV die EM-Teilnahme in Andalusien sponsern würde. Die Olympiazulassung ist das große Ziel. Große Hoffnungen setzt Vorkämpferin Voß auf die nächsten Olympischen Spiele 2000 in Sydney. „Die Australier sind stark am Frauenwasserball interessiert.“

Auch der Weltschwimmverband FINA habe dem Frauenwasserball „oberste Priorität“eingeräumt. Allein: Das Internationale Olympische Komitee (IOC) möchte die Anzahl der Athleten nicht erhöhen. Zugunsten der Frauen müßte also das Männerturnier schrumpfen. Daß die freiwillig zurückstecken, sei unwahrscheinlich, glaubt Voß. Eine IOC-Tagung im September muß nun die Entscheidung bringen.

Wenn das erlauchte Gremium das Begehren der Wasserballerinnen ablehnt, sollte sich Christiane Hoffmann vielleicht doch überlegen, wieder zum Schwimmen zurückzukehren. Damit hatte sie vor acht Jahren angefangen, bevor ihr das „einfach zu langweilig“wurde und sie auf Wasserball umstieg. Anbieten würde sich Synchron-Schwimmen – da werden eindeutig die Männer benachteiligt.

Johannes Eltzschig