: Radunski trickst mit Studiengebühren
■ Der Entwurf des neuen Hochschulstrukturplans liegt vor. Minimalzahl von 85.000 Studienplätzen nur mit Studiengebühren zu halten. SPD-Politiker Gaebler: Der Senat soll sich hüten, das zu beschließen
Mit dem neuen Hochschulstrukturplan macht sich Wissenschaftssenator Peter Radunski (CDU) keine Freunde. Das Papier über die Zukunft der Berliner Hochschulen hat bei Koalitionspartner und Opposition heftige Ablehnung hervorgerufen. „Der Plan ist geeignet, die nächste Koalitionskrise auszulösen“, beschwerte sich der SPD-Hochschulpolitiker Christian Gaebler. Der Abgeordnete findet das Papier als Ganzes „ziemlich dürftig“. Daß Radunski nun aber argumentiert, 85.000 Studienplätze seien nur mit Studiengebühren zu halten, empört ihn.
„Es war vereinbart, daß die CDU in dieser Legislaturperiode mit Studiengebühren stillhält“, sagte Gaebler der taz. Nun komme ein Papier als Senatsvorlage daher, bei dem Studiengebühren integraler Bestandteil seien. „Mit der SPD ist das nicht zu machen“, lehnte Gaebler Radunskis erneuten Vorstoß kategorisch ab. Auch der PDS-Hochschulpolitiker Benjamin Hoff bemängelte, daß Radunskis Plan den Hochschulen die versprochene Planungssicherheit nicht gebe. Vielmehr berufe er sich nun auf Studiengebühren.
Der 167-Seiten-Plan ist der flotte Aufguß eines Entwurfs, den die SPD dem Wissenschaftssenator im Juni wegen erheblicher inhaltlicher Mängel wieder zurückgeschickt hatte. Keine acht Wochen später präsentiert Radunski nun eine Neuorientierung des letzten Hochschulplans aus dem Jahre 1993, in dem er die beiden Knackpunkte der letzten Jahre kausal in Verbindung bringt: die Zahl der Studienplätze und die Frage der Studiengebühren. Radunskis Dreh, um seinen Koalitionspartner und Studiengebührengegner unter Zugzwang zu setzen: Bis 2000 seien 85.000 Studienplätze gesichert – danach müsse auf Studiengebühren zurückgegriffen werden, um die Zahl zu halten.
Der auch für Kultur zuständige Wissenschaftssenator betätigt damit schriftlich Befürchtungen aus dem Frühsommer, wonach selbst die Minimalzahl von 85.000 Studienplätzen gefährdet sei. Von den 115.000 Studienplätzen (1993) sind inzwischen nur mehr 100.000 vorhanden – der weitere Schwund würde jetzt regierungsamtlich festgeschrieben. Gleichzeitig lädt Peter Radunski die SPD-SenatorInnen zum Offenbarungseid in Sachen Studiengebühren ein. „Der Senat“, so heißt es in der Regierungsvorlage, „ist der Auffassung, daß durch die Erhebung von Studiengebühren unter Berücksichtigung sozialer Aspekte die Hochschulen wieder mehr Handlungsspielraum zur Verbesserung der Studiensituation erhalten würden.“ Die entsprechende Passage hat Radunski unter der Überschrift „Lehre und Studium“ versteckt. „Der Senat sollte sich hüten, das zu beschließen“, sandte Christian Gaebler einen Warnschuß Richtung SPD-SenatorInnen ab. Bislang hatten die Hochschulpolitiker der SPD-Fraktion alle Mühe, ihre Senatoren am Zügel zu halten. Im Parlament hat die SPD keine Möglichkeit, das Papier zu stoppen. Das Abgeordnetenhaus nimmt den den Hochschulstrukturplan nur zur Kenntnis. Neben den Studiengebühren schlagen Radunskis Beamte in der Brunnenstraße weitere Maßnahmen vor, um die finanziellen Handlungsspielräume zu erweitern. Dazu zählen die „Anpassung der Tarifverträge für Tutoren/studentische Hilfskräfte“ oder „erweiterte Einnahmemöglichkeiten wie Benutzungs-, Verwaltungs- und Prüfungsgebühren“. Aber auch die abgeschlossenen Hochschulverträge erhalten eine neues Ziel. Die dort vereinbarten „Reformen in Lehre und Studium“ solle auch die „Zusammenlegung von Studienangeboten“ enthalten. Christian Füller
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