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Wortgefechte zwischen Serbien und Montenegro

■ Belgrad hetzt gegen Montenegros Premier. Er wird als Separatist beschimpft

Belgrad – Ob zufällig oder nicht: Als das montenegrinische Verfassungsgericht seinen Beschluß bekanntgab, daß der aktuelle Präsident, Momir Bulatović, bei den Präsidentschaftswahlen nicht als Kandidat der regierenden Demokratischen Partei der Sozialisten antreten darf, kreisten über dem Sitz der montenegrinischen Regierung zwei Hubschrauber des jugoslawischen Bundesheeres. Einige Passanten deuteten dies als eine „Machtdemonstration“ Belgrads und einen Versuch, „psychologischen Druck“ auszuüben.

„Wann immer in Montenegro bedeutende politische Entscheidungen getroffen werden sollen, läßt das jugoslawische Bundesheer seine Düsenjäger über Podgorica fliegen, um mit dem Lärm die Bevölkerung einzuschüchtern“, meint Novak Kilibarda, Präsident der Narodna Stranka (Volkspartei), einer serbischen Partei in Montenegro, die für einen gemeinsamen Bundesstaat mit Serbien eintritt.

Allerdings hat die Partei konkrete Vorstellungen über die Machtverteilung in der jugoslawischen Föderation: Montenegro muß gleichberechtigt sein. Und der neue jugoslawische Präsident Slobodan Milošević muß sich strikt an die Verfassung halten und nicht versuchen, aus Montenegro eine gehorsame Provinz zu machen. In diesen Punkten ist sich Kilibarda mit dem Premier Milo Djukanović einig.

Die serbischen und montenegrinischen staatlichen Medien führen einen richtigen „Krieg“ gegeneinander und heizen die ohnehin gespannte Stimmung noch mehr an. Die Anhänger des montenegrinischen Präsidenten Bulatović verbrannten demonstrativ in Kolasin die dem Premier zugewandte Tageszeitung Pobjeda (Der Sieg).

In Serbien stellt man Premier Djukanović als einen Mafiaboß dar, der sich mit dunklen Schmuggelgeschäften bereichert. Überdies soll er die regierende Partei und das Verfassungsgericht bestochen haben, um gegen den Schützling Belgrads, Momir Bulatović, zu stimmen und ihn auf diese Weise praktisch aus dem Wahlkampf auszuschalten. Djukanović sei ein Separatist, der die Selbständigkeit Montenegros anstrebe, um in dem 600.000-Einwohner-Staat allein herrschen zu können. Er sei ein Mann, der für die Serbien feindlich gesinnten westlichen Staaten arbeite. „Die staatlichen Medien in Serbien haben sich auf die Seite Bulatovićs gestellt. Dort weiß die Bevölkerung eigentlich gar nichts über die Ereignisse in Montenegro“, sagt der montenegrinische Informationsminister Bozidar Jaredić. Das serbische Regime würde ernsthaft das Verhältnis der beiden jugoslawischen Republiken bedrohen. Und schon bald könnte man die negativen Folgen nicht wieder gutmachen. Eine derartige Politik Belgrads stärke nur die tatsächlich vorhandenen separatistischen Kräfte in Montenegro. Andrej Ivanji

Kommentar Seite 10

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