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■ Die Neue Rechte beharrt hartnäckig auf männlichen Machtansprüchen und gewinnt damit an AttraktivitätNeue Rechte und Geschlecht

Daß rechtsextreme Parteien vor allem von Männern gewählt werden, daß die dort aktiven Politiker, Schläger, Skinheads fast ausschließlich Männer sind – ein alter Hut. Offen bleibt die Frage nach der Artikulation von gesellschaftlichen Machtansprüchen – auch zwischen den Geschlechtern – in den Themen und Thesen der neuen Rechten. Die Diskussion um die Neue Rechte ist so schwierig, weil diese sich jedem definitorischen Zugriff entzieht. Eine Partei, eine illegale Wehrsportgruppe oder Grüppchen gewalttätiger Skins sind relativ leicht zu identifizieren. Die Linie zwischen konservativ, rechtsintellektuell und rechtsextrem hingegen ist kaum zu ziehen, weil Begriffe und deren Assoziationsfelder sich fließend mal innerhalb, mal außerhalb des verfassungsgemäß Vertretbaren bewegen. Was in einem Lichte besehen rechtsextrem und verfassungsfeindlich erscheint, tritt andernorts als schlichtes Plädoyer an den „gesunden Menschenverstand“ auf, geriert sich als ein trotziges „Man wird doch mal fragen dürfen...“ und gefällt sich in der ewig modernen Rolle des Tabubrechers. Diese Mischung aus Sprachspiel und Aufbegehren findet Anklang – auch bei den sogenannten Querdenkern der Linken, wie es beispielhaft Wolfgang Templin bei seiner offensiven Annäherung an den Autorenkreis der Jungen Freiheit vormachte.

Das Hin und Her zwischen rechtsextremem Außerhalb und konservativer Selbstverständlichkeit ist nicht nur Taktik, sondern Programm. Die Neue Rechte will nicht in eingeschworenen Zirkeln verharren, sondern selbstbewußt im politischen Geschäft mitwirken. Wo es eine demokratische Linke gibt, da muß es doch auch eine demokratische Rechte geben können, argumentiert der Welt-Mitarbeiter Rainer Zitelmann nicht ungeschickt. Demokratisch reduziert sich dabei jedoch auf die (bekundete) Bereitschaft zu öffentlicher Auseinandersetzung. Was diese Rechte dann zu sagen hat, darüber könne man doch mit allen offen und demokratisch diskutieren. Wer will bei soviel demokratischem Miteinander noch gucken, was da an undemokratischen Zumutungen verhandelt wird?

Beim Thema Migration ist das am augenfälligsten, aber auch die Diskussionen um Sozialsysteme, Kriminalität, nationales Selbstverständnis oder Umgang mit dem Nationalsozialismus sind wie marmoriert von diskursiven Einschüben rechtsextremen Hintergrunds.

Der gemeinsame rhetorische Gestus ist dabei immer das auftrumpfende Beharren darauf, die Dinge endlich mal so zu benennen, wie sie sind. Weg von den demokratischen Sprachregeln. Weg von der Political Correctness. Weg von dem ganzen komplizierten Berücksichtigen all der vielen Belange von Minderheiten, die überall anerkannt werden wollen – Ausländer, Frauen, Schwule, Behinderte. Dieser Gestus ist ungeheuer attraktiv, vor allem für die, die sich in ihrem „natürlichen“ Machtempfinden herausgefordert fühlen. Hinter diesem Gestus verbergen sich grundsätzliche und unvereinbare Positionen: Partizipation oder Ausgrenzung, Politik als Interessenausgleich oder „Einer muß ja sagen, wo's langgeht“, Gesellschaft als soziales oder kulturalistisches Modell. Dieser Gestus ummantelt in seinen verschiedenen Facetten Männlichkeit als den zentralen Ort der Gesellschaft, der von Machtdiversifikation betroffen ist. Diese Perspektive vermag einen Hinweis auf den diffusen Erfolg neurechter Positionen geben, wie es zum Beispiel an der allgegenwärtigen Wertediskussion und der ebenso verbreiteten Verhöhnung von Political Correctness erkennbar ist.

Diese Positionen operieren mit der Diskrepanz zwischen allgemein anerkanntem Gleichheitspostulat und dem Unwillen der Gesellschaft, diesem wirklich Genüge zu tun. Sie antworten auf den unübersehbaren Aufbruch der Frauen im Erwerbsleben und in die Öffentlichkeit, indem sie ideologische Vorbehalte bereitstellen. Sie liefern damit eine Art ideologisches Gleitmittel, das es erlaubt, einerseits die Veränderungen im Geschlechterverhältnis hinzunehmen, andererseits jedoch den männlichen Anspruch auf gesellschaftliche Macht und Definitionsgewalt aufrechtzuerhalten. Sie formulieren das aggressive Unverständnis derer, die bei aller Zustimmung zur Gleichberechtigung nicht im entferntesten daran denken, das könnte auch etwas mit ihnen zu tun haben.

Neurechte Positionen appellieren an dieses Mißverhältnis. So wettert etwa der Historiker und Journalist Meier-Bergfeld in dem Sammelband „Die selbstbewußte Nation“ ungeniert gegen die „Effeminierung“ und die „kulturrevolutionären Umtriebe des Feminismus“. Er setzt dem „Geist der Zersetzung von Familie, Ehe, Kirche und Militär“ das Ideal einer „auf Daseinsfürsorge und menschliche Fortpflanzung gerichteten Partnerschaft“ entgegen. Damit meint er: die Moral und die Fürsorge den Frauen und den Männern die Abenteuer der großen Welt. Denn „alles Große ist antifamiliär: die Polis, das Christentum in seiner weltlichen Macht, der Kommunismus, der Kapitalismus, Staat, Künste, Wissenschaften usf. Die Freigeisterei der Wissenschaften etwa, die großen Entwürfe, sie enden ja immer zuerst bei der jungen Mutter.“ Das Beharren auf einer Welt männlicher Vorrechte verbindet sich mit der Zurückweisung solcher Zumutungen wie der, die zum Großen bestimmte männliche Tatkraft – oder Kreativität – im öden Alltag von Haushalt und Kinderaufzucht zu verzehren.

Die Neuen Rechten sprechen in Bildern von Stärke und Würde. Offenheit, Diskussionsfreude, Pazisfismus, Hilfsbereitschaft, Güte – all das wird mit mal polemischer, mal weihevoller Geste abgetan. Frauentugenden seien das. Basta! Erfahrung, Tatsachen, Hausverstand, das „Normale“, das noch nicht wegdiskutiert wurde: So einfach kann die Welt sein. Die männlichen Tugenden fordern Härte und Blut, dafür lockt eine „Bruderschaft des Schmerzes“. Der Gestus der Neuen Rechten weist die Zumutungen der Geschlechterdemokratie (Bendkowski) weit von sich. Der bekannte Traditionalismus der Rechten entsteht hier neu als aggressiver Antifeminismus – und damit als Angriff auf Gleichheit überhaupt. Chefideologe Zitelmann sieht denn auch das Feindbild Antikapitalismus längst abgelöst von Feminismus und Multikulturalismus. Es sind also gerade die Vervielfältigungen – der Geschlechterrollen ebenso wie des nationalen Selbstverständnisses –, die der neurechte Diskurs abwehrt. „Hier liegt die Chance der demokratischen Rechten“, sagt Zitelmann. Da hat er recht. Gabriele Kämper

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