piwik no script img

Gegen rechtsradikale Hetze

Das Literarische Colloquium setzt den Organisator des rechten Wannsee-Kreises in der CDU vor die Tür. Parteiordnungsverfahren eingeleitet  ■ Von Barbara Junge

Rechtsradikale und antisemitische Parolen haben im Literarischen Colloquium Berlin (LCB) in Wannsee nichts zu suchen. Deshalb hat gestern der Geschäftsleiter des Colloquiums, Ullrich Janetzky, beschlossen, dem Organisator des Wannsee-Kreises der Zehlendorfer CDU, Ortwin Kuhn, eine weitere Nutzung der LCB- Räumlichkeiten zu untersagen.

Kuhn hatte zusammen mit seinem Charlottenburger Parteifreund Georg Klaffus im Mai in einem bundesweit verschickten Brief an die CDU-Kreisverbände gegen die „Aufwendungen für Ausländer, Asylbewerber und Bürgerkriegsflüchtlinge“ gewettert. Außerdem hatten sich beide Christdemokraten gegen die „großzügige Finanzierung Israels“ gewandt. In dem Schreiben, das sie im Namen einer „Bürgerinitiative besorgter Bürger“ unterzeichneten, forderten die beiden, es sei „an der Zeit, den pathologischen Philosemitismus unserer Politiker beim Namen zu nennen“.

Im LCB am Sandwerder hatte Kuhns Wannsee-Kreis in den vergangenen drei Monate Veranstaltungen durchgeführt. Das LCB ist als Literaturhaus sowohl für das Land wie auch für das Auswärtige Amt im Kulturaustausch tätig, berät AutorInnen und organisiert Literaturworkshops. Dabei stellt es sein Haus diversen Organisationen und Gruppen ungeachtet der politischen Ausrichtung zur Verfügung.

Da der Wannsee-Kreis Kulturveranstaltungen angemeldet habe, so Janetzky, habe er keine Bedenken gehabt, dafür kostenlos Räumlichkeiten zur Verfügung zu stellen. An einer Veranstaltung mit Innensenator Jörg Schönbohm (CDU) zum Beispiel habe er auch selbst teilgenommen und keine rechtsradikalen Tendenzen beim Wannsee-Kreis entdecken können. „Das war eben eine wertkonservative Diskussion, wie man sie am rechten Rand der CDU kennt, keine antisemitischen oder deutschnationalen Parolen“, schildert Janetzky.

Auf die Veröffentlichung der hetzerischen Parolen reagierte Janetzky entsetzt. „Wir arbeiten seit langen Jahren daran, zwischen israelischen und deutschen Autoren einen vorurteilsfreien Dialog herzustellen“, empört sich Janetzky, „ich will solche rechtsradikale Hetze nicht in meinem Haus haben.“ Da Kuhn jedoch nicht im Namen des Wannsee-Kreises, sondern im Namen der „besorgten Bürger“ seine antisemitischen Sprüche verbreitet habe, könne er nur Kuhn persönlich des Hauses verweisen. Die vereinbarten Veranstaltungstermine hat er jetzt trotzdem abgesagt, da Kuhn der Organisator ist.

Unterdessen hat der Kreisverband Zehlendorf auf seiner gestrigen Vorstandssitzung ein Parteiordnungsverfahren gegen Kuhn eingeleitet, an dessen Ende vermutlich eine zweijährige parteiinterne Ämtersperre stehen wird. Auch gegen den Charlottenburger Klaffus soll voraussichtlich ein solches Verfahren eingeleitet werden.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen