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Viele Wege führen nach Rom

■ betr.: „Nicht gebraucht werden Lords of Poverty“, taz vom 12.8. 97

Zum großen Rundumschlag hat Klaus Wardenbach ausgeholt. Die entwicklungspolitischen Nichtregierungsorganisationen, beklagt er, flankierten zunehmend nur noch die unter dem Titel Entwicklungszusammenarbeit getarnte staatliche Exportförderung, entpolitisierten sich in diesem Zuge, „das Sagen“ hätten dort – zumindest in den großen Hilfswerken – längst „die Marketingstrategen“. Und korrupt seien sie auch noch.

Was dann kommt an Belegen für Exportförderung und Korruption, bezieht sich gerade auf Nicht- bzw. Quasi-NGOs wie die regierungsnahe GTZ und die bundeseigene Investitions- und Entwicklungsgesellschaft. Und der Autor nenne eine NGO, die das U-Bahn- Bauprojekt der Daimler-Benz- Tochter Adtranz und Siemens gutgeheißen hätte! Und sicher haben die großen Hilfswerke mit ihren Fund-Raisern größere Werbeetats zur Verfügung als mehrere Dutzend der kleinen NGOs zusammen für ihre Inlands- wie Auslandsprojekte. Auch wenn heute das sogenannte Gutmenschen-Bashing angesagt ist, zeigen diese Beispiele nur, daß Wardenbach den ohnehin schon aufgeblasenen Begriff NGO (selbst der Deutsche Fußball-Verband könnte sich so bezeichnen, wenn er will) gnadenlos überreizt. Zuviel der Pauschalisierung also.

Gerade aus den Kleingruppen aber besteht die bundesdeutsche Nord-Süd-Szene vornehmlich. Und auch wenn sich manche kleinere Gruppe angesichts zurückgehender Spenden mit Fund-Raising-Versuchen herumquält, sollte man sie nicht in die gleiche Pfanne hauen. Die übergroße Mehrheit deren Mitglieder leistet nämlich weiterhin ehrenamtliche Arbeit, und die wenigen Hauptamtlichen hangeln sich von ABM- zu AFG- geförderter Stelle, immer hart am Existenzminimum und bei reichlicher Selbstausbeutung, aber hochmotiviert.

Eindeutig gibt es über das, was von der einstigen Solibewegung übriggeblieben ist, genug zu streiten. Die wegen der sinkenden Spenden steigende Abhängigkeit von staatlichen Fördergeldern, deren Löwenanteil an solche „NGOs“ wie die parteinahen Stiftungen geht, das weitverbreitete, so manches Mal nördlich-arrogante Helfersyndrom; das problematische Macht-Verhältnis zwischen den „Geber“-NGOs im Norden und den „Nehmer“-NGOs im Süden, die dann auch noch „Partner“ genannt werden; die Gefahr des Umschwenkens auf die „Alle- in-einem-Boot“-Mentalität, die Arbeitsfelder wie Lobbying und die Nachhaltigkeitsdiskussion so mit sich bringen. Aber Wardenbachs Generalabbürstung scheint eher eine alte linke Erbkrankheit zu manifestieren: Wer nicht auf meiner Linie ist, ist gegen mich. Wie wär's mit der These von den vielen Wegen, die nach Rom führen könnten? Wenn einige wirklich in die Irre gehen – aber das wissen wir heute ja noch nicht –, könnte man wenigstens daraus lernen.

Und was die Entpolitisierungsthese betrift: Themen neuentstehender Kampagnen wie zur Entschuldigung („Jubilee 2000“ u.a.) und Maquilas, die Clean-Clothes- Kampagne, das Wechseln (und Weitermachen!) ehemaliger Anti- Apartheid-Gruppen in den Antirassismus-Bereich sind durchaus politisch und systemkritisch, nicht staatsnah. Und sie zeigen, daß so manche/r Wardenbachs Aufruf schon längst zuvorgekommen ist, endlich mit der Arbeit der Veränderung im eigenen Land (zu) beginnen“. Friedrich Heilmann,

Vorstandsvorsitzender des

(entwicklungspolitischen) IN-

KOTA-netzwerks e.V., Erkner

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