: Das Hochschulrahmengesetz
Das Hochschulrahmengesetz (HRG) ist das ungeliebte Kind der Bildungsreform der 60er und 70er Jahre. Die Progressiven hat es enttäuscht, weil sie ihre weitgehenderen Vorstellungen nicht durchsetzen konnten. Konservative Professoren fordern noch immer seine Abschaffung, so als ob sich damit die soziale Öffnung der Hochschule wieder rückgängig machen ließe.
Die sozialdemokratische Hochschulreform hatte zwei zentrale Ziele. Zum einen sollte die absolute Professoren-Herrschaft gebrochen und die Hochschulen demokratisiert werden. In der neuen „Gruppenuniversität“ sollten auch Studierende sowie wissenschaftliche und sonstige Mitarbeiter etwas zu sagen haben. Gleichzeitig wurde im emanzipatorischen Klima jener Zeit eine „soziale Öffnung“ der Hochschulen gefordert. Auch Arbeiterkindern sollte der Gang an die Unis ermöglicht werden.
Der damit verbundene Ausbau des Bildungssystems überforderte die Länder jedoch. Um den Bund in die Finanzierung einzubeziehen, wurde deshalb der Hochschulbau per Grundgesetzänderung zur Gemeinschaftsaufgabe erklärt. Außerdem wurde 1969 dem Bund eine Rahmenkompetenz für das Hochschulrecht eingeräumt. Damit sollte verhindert werden, daß sich die Bildungssysteme der Länder im Reformeifer allzuweit auseinanderentwickeln.
In Kraft setzen konnte die sozialliberale Koalition das Hochschulrahmengesetz aber erst 1976. Der damals CDU-dominierte Bundesrat hatte erfolgreich gebremst. So wurde verhindert, daß die sozialdemokratische Idee einer Gesamthochschule – einer Verbindung von Universität und Fachhochschule – zum Modell für die gesamte Bundesrepublik wurde. Außerdem hatte das Bundesverfassungsgericht den Demokratisierungsidealen einen herben Dämpfer verpaßt. In seinem Urteil von 1973 garantierte es den Professoren eine dominierende Stellung in allen Unigremien, um ihre „Wissenschaftsfreiheit“ zu sichern. Neben der Gremienstruktur regelt das HRG auch den Hochschulzugang sowie die Drittmittelforschung.
Grundlegend überarbeitet wurde das HRG bislang nur einmal. Nach der Bonner Wende setzte die konservativ-liberale Koalition 1985 eine weitere Stärkung der Professoren an der Uni durch. Christian Rath
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