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Todesfall hat Folgen für zwei Polizisten

■ Ermittlungen gegen Beamte, die Tod eines Schlägers verursacht haben sollen

Bochum (taz) – Der tödliche Polizeieinsatz von Hückelhoven wird für die beiden hauptbeteiligten Polizeibeamten voraussichtlich eine Anklage wegen fahrlässiger Tötung zur Folge haben. Die ermittelnde Staatsanwaltschaft in Mönchengladbach hält sich offiziell zwar noch ebenso bedeckt wie das Düsseldorfer Innenministerium. Doch daß die beiden langgedienten Polizisten, die für den Tod des Kioskpächters Harald Thiel verantwortlich sein sollen, ohne Anklage davonkommen, glaubt in der Polizeiführung niemand mehr.

Schon in der vergangenen Woche hatte die Staatswaltschaft eingeräumt, daß der als Schläger bekannte Kioskpächter Harald Thiel an den Folgen des Polizeieinsatzes gestorben sei. Inzwischen deutet alles auf ein strafbares Verhalten von mindestens zwei Beamten hin. Alarmiert worden war die Polizei in der vergangenen Woche von der Lebensgefährtin des Toten. Immer wieder hatte Thiel Ulrike R. in der Vergangenheit verprügelt. Minuten nach dem Hilferuf trafen die Polizeibeamten am Kiosk ein. Bei dem anschließenden Versuch, ihn festzunehmen, soll sich der stark alkoholisierte Mann den Angaben der Polizeibeamten zufolge zunächst heftig gewehrt haben. Während der Körper des obduzierten Toten acht Rippenbrüche, eine Kehlkopfquetschung, Gesichtsverletzungen und zahlreiche Blutergüsse aufwies, zogen sich die beiden Beamten bei der Aktion indes keine Schramme zu. Da dieses Verletztenbild nicht gerade für einen heftigen Kampf spricht, liegt der Verdacht eines völlig unangemessenen polizeilichen Gewaltausbruchs nahe.

Nach Darstellung einer Augenzeugin kniete einer der beiden Polizisten auch nach der Fesselung des Gewalttäters noch auf dessen Hals. Auch als der geröchelt habe, „hört doch auf, ich kriege keine Luft mehr“, habe man zunächst nicht von ihm abgelassen. Minuten später wurde der für die Augenzeugin inzwischen fast leblos wirkende Thiel in einen Polizeibus getragen und zur Polizeiwache abtransportiert. Dort angekommen, konnte der alarmierte Notarzt nur noch den Tod feststellen.

Die Brüder des Toten werfen der Polizei inzwischen „Mord“ vor. Weitgehend stumm blieb die von Thiel verprügelte Ulrike R. Als Grund nannte sie eine „Exklusivvereinbarung“, die zwischen einem Teil der Hinterbliebenen und dem Fernsehsender RTL getroffen worden sei. Beide Beamte wurden unterdessen bis zum Abschluß der Ermittlungen vom Dienst suspendiert. Im Falle einer Verurteilung müssen sie mit einer Entfernung aus dem Dienst rechnen. Walter Jakobs

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