Wenn's zum Gelde drängt

Zwischen Filzwaren und Fingernagelmodellierung werden Anlagewillige fündig. Ein Wegweiser durch den Kapitalmarkt  ■ Von Heinz-Günter Hollein

Vater Scholz, der unvergessene Unverbesserliche, ließ sein Erspartes noch ganz pofelig „arbeiten“. Bis es dann futsch war: „Die ganzen Zwanzigtausend, Käthe!“Einem windigen Finanzmakler in den Schlund geworfen nämlich. Der postmoderne Mensch hingegen weiß, daß man sich besser vorab kundig macht, was die „Perfor-mance“eines Fonds angeht und nicht zuletzt auch die „Bonität“des „Emittenden“.

Beginnt die Suche nach einem Finanzberatungsfachmann in den Gelben Seiten, werden Anlagewillige zwischen Filzwaren und Fingernagelmodellierung fündig. Von einem Eintrag wie „Prinz zu Hohenlohe – Jagstberg & Banghard GmbH“wird sich die WG-Veteranin mit zwei ABM-Stellen im Lebenslauf und endlich einmal 5000 Mark im Sparstrumpf allerdings nicht zwingend angesprochen fühlen. Schließlich will mensch sich ja nicht vom Spiegel unter die „neuen Kleinkapitalisten“einreihen lassen, die derzeit auch noch „verrückt spielen“.

Wohin sich also wenden ? Vielleicht zunächst an die Verbraucherzentrale, um an einem der dreistündigen monatlichen Seminare teilzunehmen, in denen die Grundbegriffe des Kapitalmarktes erklärt werden. Dort bekommt man zwar „nicht die heißen Tips“, wie Christian Schmidt-Burgk von der Hamburger Zentrale tiefstapelt. Aber bevor das gute Geld auf dem „grauen Kapitalmarkt“einem Renditeversprechen von 15 bis 30 Prozent zum Opfer fällt, können Anlagewillige in einer Einzelberatung (150 Mark, das Seminar wird angerechnet) zumindest die Namen der jüngsten schwarzen Schafe erfahren und sich darüber klar werden, worum es bei ihrer Geldanlage gehen soll und gehen kann.

Auf die Frage „Was passiert eigentlich mit meinem Geld?“hat etwa die GLS-Bank gleich ihre ganze Geschäftspolitik aufgebaut. „Unsere Kunden sollen ihr Geld nicht in einen anonymen Kapitalmarkt investieren, indem sie ihre Verantwortung am Schalter abgeben“, beschreibt der Hamburger Filialleiter Dirk Grah das GLS-Konzept. Eine „Verwendungsempfehlung“der GLS könnte lauten: „Termingeld zur Kreditierung eines regenerativen Windkraftprojekts“wie dem nordfriesischen Windpark bei Gamsbüll. Andere Felder, auf denen AnlegerInnen Engagement mit Gewinn verbinden können, sind Bereiche wie Sozialtherapie, Bildungswesen und Naturkost.

Eine noch speziellere Form der Anlage sind sogenannte Ethik-Fonds: Geldsammeltöpfe mit einschränkender Verwendungsvorgabe. Die Ökumenische Entwicklungsgesellschaft zum Beispiel finanziert nur Kleinbetriebe und Genossenschaften in der „Dritten Welt“. „Wir geben Leuten Kredite, denen sonst keiner Geld gibt“, beschreibt Ernst-Erwin Pioch, Vorsitzender des Norddeutschen Förderkreises der EDCS, seine Maklerrolle. Seit 1975 koordiniert eine Zentrale im holländischen Amersfoort weltweit 25 Förderkreise. Über eine Kreditvergabe entscheidet ein Vorstand, in dem die Drittweltländer satzungsgemäß immer eine Zweidrittelmehrheit haben.

Für Anleger lägen angesichts der Währungsschwankungen in den betreffenden Ländern die Renditeaussichten kaum über der Inflationsrate, gibt Pioch zu, aber die Anlagen seien eben auch nicht kapitalorientiert gedacht.

Durchaus und bewußt kapitalorientiert ist Susanne Kazemieh vor acht Jahren mit ihrer FrauenFinanzGruppe angetreten, für ihre Kundinnen zwischen riskantem Optionsschein und niedrigverzinstem Sparbuch „die Rosinen rauszupicken“. Ihre Beratungsdevise, die sie auch als Taschenbuch veröffentlicht hat, heißt schlicht: „Frauen sorgen vor“. Und das kann bereits bei einem Monatsbetrag von 50 Mark zu ansehnlichen Ergebnissen führen.

Ihre Kundinnen – die jüngste ist elf, die älteste 70 – finden meist durch Empfehlung anderer Frauen zu Susanne Kazemieh. Ein Vertrauensbonus, der erarbeitet sein will, denn für freie, unabhängige Versicherungs- und Finanzmakler gibt es weder eine vorgeschriebene Ausbildung noch eine Standesordnung. „Es braucht wenig mehr als einen etwas teureren Gewerbeschein, vielleicht noch einen flotten Anzug und eine Hochglanzbroschüre“, kommentiert Manfred Lohse von der Unternehmensberatung Rat & Plan den „grauen Markt“.

Im Moment seien Anleger mit einer Rendite von drei bis fünf Prozent ganz gut bedient, was darüber liegt, berge eben auch ein entsprechend höheres Risiko. Und: „Unseriös wird's schlicht dann, wenn kein Geld mehr zurückkommt.“Wer begehrlich auf hohe, kurzfristige Gewinnausschüttungen schielt, muß wissen, daß das Fliegerspielprinzip auch dem einen oder anderen Fondsanbieter nicht ganz fremd ist. Lohse rät daher jedem, sich zunächst einfach die Frage zu stellen: „Will ich Sicherheit oder kann ich es mir leisten, ein Risiko einzugehen?“

Eine Form der Geldanlage, vor der Anleger seiner Ansicht nach zu Unrecht und aus Unwissen zurückschrecken, ist die Investition in Existenzgründungen. Rat & Plan etwa prüft solche Konzepte auf Gangbarkeit und Finanzbedarf und sieht sich als „Mittler zwischen Kunde/Betrieb und Finanzierungsumfeld“.

Wem das alles zu knifflig klingt, der kann auch ganz schlicht zu seiner Bank oder Sparkasse gehen. Für Ulrich Sommerfeld von der Haspa ist der sogenannte Kleinanleger „ohnehin nur ein Begriff, der überall rumgeistert“. Es lasse sich „in jeder Größenordnung etwas finden, das sich lohnt“. Wichtig sei, den Kunden „auf seine tatsächliche Situation abzuklopfen“und ihm keine Anlage oder ein Aktienpaket zu verkaufen, die er bei einem finanziellen Engpaß entweder gar nicht oder nur mit Verlust kurzfristig wieder „liquidieren“kann.

Aber Sommerfeld bezweifelt sowieso, daß die taz-LeserInnen eine derartige Nachhilfe brauchen. Diese Klientel sei doch schließlich „überdurchschnittlich informiert und auch verdienend“und wisse ganz genau, welche Bank drei und welche 3,5 Prozent gibt, und wie eine Aktie funktioniert.