: Ein Minister hin, zwei Minister im Sinn
In der Bonner Gerüchteküche brodelt es: Soll Schäuble „Superfinanzwirtschaftsminister“ werden, müssen Blüm und Kanther gehen. Wie wär's mit Waigel als Europa- und Außenminister? ■ Aus Bonn Bettina Gaus
Die Gerüchteküche im Zusammenhang mit einer möglichen Kabinettsumbildung brodelte gestern weiter. Spekuliert wurde über die mögliche Ablösung von Arbeitsminister Blüm und Innenminister Kanther. Unions-Fraktionschef Schäuble ist als Superminister für Wirtschaft und Finanzen im Gespräch. Die FDP hat ihre drei Minister schon mal vorsorglich für unantastbar erklärt. Wie Bundeskanzler Helmut Kohl, der am Montag aus dem Urlaub zurückkommt, auch immer entscheidet – der Zeitpunkt für einen Überraschungscoup ist vorbei. Überlegungen, die Personalfragen auf dem Unions-Gipfel Anfang September in Andechs zu klären, ist gestern ein CSU-Sprecher in München entgegengetreten. Diese Veranstaltung mit ihrem großen Teilnehmerkreis sei nicht der richtige Rahmen. Die drei Parteichefs der Koalitionsfraktionen würden das Thema unter sich ausmachen.
Bundeskanzler Kohl hat noch von seinem Urlaubsort aus mit dem CSU-Vorsitzenden Theo Waigel telefoniert. Der hatte die Personaldiskussionen mit seiner Ankündigung ausgelöst, spätestens nach den Bundestagswahlen nicht mehr für das Amt des Finanzministers zur Verfügung zu stehen. Von dem Wirbel um seine Äußerung offenbar selbst überrascht, gab Waigel dann ein neuerliches Interview. Darin teilte er mit, er könne sich doch vorstellen, auch über 1998 hinaus als Finanzminister im Amt zu bleiben.
Die Diskussion ließ sich jedoch damit nicht mehr unterdrücken. Die Spekulationen sorgen für ein zunehmend gereiztes Klima zwischen den Bonner Regierungsparteien. Besonders scharf bleiben die Töne zwischen CSU und FDP. Ein „absolutes Risiko für unser Land“ nannte die ehemalige Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger CSU-Chef Theo Waigel. „Ein Finanzminister und Parteivorsitzender, der mit so dilettantischen Einlassungen in die Öffentlichkeit tritt und sich zum Minister auf Abruf stempelt, kann kein Vertrauen mehr erwarten“, sagte die FDP-Politikerin.
Es könne nicht angehen, daß die FDP sich wie ein „aufgeregter Hühnerhaufen“ aufführe, konterte der stellvertretende CSU-Chef Ingo Friedrich. Er brachte Waigel gleich als Doppelminister für die Außen- und Europapolitik ins Gespräch. CSU-Generalsekretär Bernd Protzner wiederholte, daß es es nach dem Wegfall des Postministeriums einen Ausgleich für die CSU geben müsse. Der niedersächsische CDU-Vorsitzende Christian Wulff wünscht sich eine „schlankere und effizientere Struktur“ des Kabinetts, der Hamburger CDU-Kandidat Ole von Beust fordert gar „völlig neue Namen“ im Ministerroulette.
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