Dessauer Bier, Münchner Geld

Die Gebäude des größten Brauereikombinats der DDR sind denkmalgeschützt. Trotzdem läßt der West-Investor die Bauten verfallen  ■ Aus Dessau Karsten Schub

Dessaus größte Industriedenkmäler verfallen. Und die „Bayerische Hausbau“, Eigentümerin der früheren „Schade“-Brauerei in Dessaus Zentrum und der „Schultheiss Patzenhofer“ westlich des Stadtzentrums, tut nichts, um die denkmalgeschützten Gebäude vor dem Einsturz zu bewahren.

Dabei ist die „Bayrische Hausbau“ in Dessau als durchaus potenter Investor eingestiegen. Der Mutterkonzern der Firma ist nämlich die Münchner Schörghuber- Gruppe. Ihr gehören auch neben etlichen Immobilien auch Münchener Großbrauereien wie Paulaner oder Hacker-Pschorr.

1994 erwarben die Münchner das ehemalige „VEB Getränkekombinat Dessau“ mit den Standorten Schade und Schultheiss für angeblich 14 Millionen Mark von der Treuhand – mit der Auflage, den Betrieb noch mindestens ein Jahr lang zu garantieren.

Nur kurz nach Ablauf dieses Jahres wurde die ehemals größte Brauerei der DDR abgewickelt. Heutzutage wird „Dessauer Bier“ in München gebraut, abgefüllt und nach Sachsen-Anhalt geschafft.

Wer sich heute, nur zwei Jahre nach Produktionsende, ein Bild von den Brauereigebäuden macht, dem bietet sich ein Bild des Jammers: Obwohl das Landesdenkmalschutzgesetz die Sicherung solcher Baudenkmäler eindeutig vorsieht, haben die Dächer quadratmetergroße Löcher, intakte Fenster sind die Ausnahme, Regenrinnen und Fallrohre fehlen oft völlig.

Andreas Diermeier, Prokurist bei der Bayerischen Hausbau, erklärt, daß die Gebäude völlig zu Unrecht unter Denkmalschutz stünden und man den Nachweis der wirtschaftlichen Unzumutbarkeit, der allein den Abriß ermöglicht, schon erbringen werde.

Überhaupt habe die Stadt schuld, daß nichts vorwärtsgehe. Sie treibe die Bebauungspläne nicht voran. Mit dem Bauen klappe es in Dessau nirgendwo: „Wohnungen sollen nicht gebaut werden, Büroflächen stehen leer.“

Allerdings muß auch Diermeier zugestehen, daß der Bebauungsplan nicht nötig ist, um die Brauereigebäude winterfest zu machen und ihrem Verfall entgegenzuwirken. Sein Hilfsargument: Im Augenblick suche man händeringend nach einer Nutzungsmöglichkeit und vorher werde man keine müde Mark investieren.

So richtig händeringend kann die Suche allerdings nicht gewesen sein. Das letzte Sondierungsgespräch mit der Dessauer Stadtverwaltung liegt jedenfalls bereits sechs Monate zurück. Zudem hatte sich das Dessauer Bauhaus Gedanken gemacht, wie die Gebäude zu nutzen wären. Praktisch ohne Auftrag „und aus echtem Respekt vor diesen Bauten“ habe man sich realistische Nutzungsmöglichkeiten überlegt, sagt Dieter Bankert, Architekt am Bauhaus. Den Planern schwebt ein High-Tech-Zentrum mit Forschung, Ausbildung und Produktion vor.

Johannes Bauer, Justitiar im Schörghuber-Konzern, erinnert sich erst auf Nachfrage an dieses Angebot aus Dessau. Die Pläne seien ihm „sehr visionär“ und „abstraktionsfähig“ vorgekommen, weshalb man das Bauhaus zunächst an die Stadt verwiesen habe. Dort hingegen meint man, daß es an der Schörghuber- Gruppe sei, dem drohenden Verfall Einhalt zu gebieten, „weil die nun wahrlich über das nötig Geld verfügen“.