: Technologie als Exportschlager
■ Umweltsenator Peter Strieder (SPD) will Berlin als Ost-West-Drehscheibe profilieren: Mit Workshops und Konferenzen über Abfall- und Wasserwirtschaft. Doch die Wirklichkeit sieht oft ganz anders aus
Umweltsenator Peter Strieder (SPD) will Berlin als technologische Ost-West-Drehscheibe profilieren. Da Berlin die einzige Stadt des Westens sei, die den Modernisierungsprozeß einer osteuropäischen Stadt bewältige und gleichzeitig die einzige osteuropäische Stadt, die dies mit westlichem Kapital und Know-how tue, sei Berlin geradezu als Informationsstandort prädestiniert, sagte Strieder gestern. Unter dem Motto „Stadtmanagement“ wird deshalb ab September eine Reihe von Workshops mit den kommunalpolitischen Entscheidungsträgern von 26 mittel- und osteuropäischen Großstädten stattfinden. Ein Jahr später sollen die Ergebnisse dann in einer Konferenz diskutiert werden. Der ambitionierte Titel lautet: „Städte mit Zukunft – nachhaltige Stadtentwicklung in der Mitte Europas“.
Den Auftakt des Erfahrungsaustausches, bei dem auch die Berliner Wirtschaftsförderung, die Marketing-Gesellschaft BAO sowie Vertreter der Wirtschaft teilnehmen, macht vom 10. bis zum 12. September ein Workshop zum Thema Wasserwirtschaft. 6,3 Milliarden Mark sind seit der Wende in die Modernisierung der Berliner Wasserbetriebe investiert worden. Grund genug also, die Vertreter mittel- und osteuropäischer Städte an diesem Modernisierungsprozeß teilhaben zu lassen und die Zusammenarbeit zu verbessern. Über die bisherige Kooperation weiß der Vorstandsvorsitzende der Wasserbetriebe (BWB), Bertram Wieczorek, zu berichten: Für 90 Millionen Mark baut eine Tochterfirma der BWB eine Kläranlage in Moskau. „Die Moskauer wollen keine drittklassige Technologie, die wollen unsere hierzulande geltenden Grenzwerte sogar unterschreiten“, freute sich Wieczorek.
Doch nicht nur über den Bau von Kläranlagen soll mit Vertretern aus Riga, Breslau, Budapest, Danzig und Bratislava geredet werden. Auch die Abfallwirtschaft, Energiepolitik, Flächenrecycling und der Umgang mit den historischen Innenstädten stehen auf dem Workshop-Programm. Die Zusage von weit über 20 Städten, nach Berlin zu kommen, und Projekte wie der Bau der Moskauer Kläranlage sind Wasser auf den Mühlen von Modernisierungssenator Peter Strieder. „Ich gebe zu“, sagte Strieder gestern, „daß wir bei einem solchen Vorhaben auch ein bißchen die Konkurrenz zu Wien im Blick haben.“ Vorerst freilich hat Strieder die Konkurrenz zum nordrhein-westfälischen Essen verloren. Weil die Düsseldorfer Landesregierung hundertprozentig für den Kläranlagenbau in Moskau bürgte, haben die Wasserbetriebe die für den Bau notwendige Tochterfirma nicht in Berlin, sondern im Ruhrgebiet gegründet. Uwe Rada
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