: Rassistin als Friedensfee
■ Plavšić ist keine Hoffnungsträgerin
Die gute Fee in Banja Luka kämpft gegen den bösen Drachen in Pale für die Durchsetzung des Dayton-Abkommens und braucht dabei unser aller Unterstützung. Diesen völlig irreführenden Eindruck vom innerserbischen Machtkampf zwischen Biljana Plavšić und Radovan Karadžić vermitteln nicht nur zahlreiche Medien, sondern auch Politiker und Diplomaten der vier westlichen Garantiemächte des Dayton- Abkommens.
Ein nüchterner Blick auf die Biographie der 67jährigen Biologieprofessorin würde das Märchen von der guten Fee gründlich zerstören. Nicht erst seit sie 1990 das gewählte kollektive bosnische Staatspräsidium unter Präsident Alija Izetbegović verließ, erwies sich Plavšić in all ihren Handlungen und Äußerungen als glühende serbische Nationalistin. Ihre Verachtung und ihren Vernichtungswillen gegenüber „minderwertigen“ Muslimen, Türken, Juden und Kroaten begründet sie mit aus den Rassentheorien der Nazis entlehnten „wissenschaftlichen“ Argumenten.
Plavšić macht im internen Kreis ihrer Getreuen keinen Hehl aus ihrer Verachtung für Muslime und Kroaten wie aus ihrer Ablehnung des Dayton-Abkommens, zu dem sie lediglich in öffentlichen Fensterreden Lippenbekenntnisse abgibt.
Die Umsetzung von zwei zentralen Bestimmungen des Abkommens, der Auslieferung mutmaßlicher Kriegsverbrecher an das UN-Tribunal in Den Haag und die Wiederansiedlung nichtserbischer Flüchtlinge in der „Republika Srpska“, hat Plavšić auch bei ihren jüngsten Treffen mit den westlichen Unterhändlern ausdrücklich abgelehnt.
Daß die westlichen Dayton-Garantiemächte ausgerechnet diese Frau dennoch jetzt zur „Hoffnungsträgerin“ hochstilisieren, beweist nur erneut ihre völlige Konzeptionslosigkeit gegenüber dem Bosnienproblem. Es droht ein böses Erwachen aus den jetzt geschürten Illusionen: Sollten die Parlamentswahlen am 12. Oktober tatsächlich stattfinden und Plavšić dabei gewinnen, was keineswegs sicher ist, wenn es beim bisherigen Zuschnitt der Wahlkreise und bei Karadžić' Kontrolle über einen Großteil der Medien bleibt, könnte sich die bosnisch-serbische Präsidentin als noch größeres Hindernis für die Umsetzung des Dayton-Abkommens erweisen als ihr Vorgänger in Pale. Andreas Zumach
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