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Die braunen Verführer

Sechs Rechtsaußen-Parteien kandidieren zur Hamburger Bürgerschaft – und werden wohl an ihrer Zersplitterung scheitern  ■ Von Marco Carini und Andreas Speit

Republikaner (Rep)

Profil und Programm: Für die nach Auffassung des Verfassungsschutzes „potentiell verfassungsfeindlichen“Reps stellt das „Deutschsein“einen Wert an sich dar. Es spiegelt sich in der „Lebens-, Leistungs- und Wertegemeinschaft aller“wieder, der sich Einzelinteressen unterzuordnen haben. Weitere Themen sind die Gefährdung der „Inneren Sicherheit“und des „deutschen Lebensraums“. Ausländer und „inländische Randgruppen“dienen als Feindbild und sollen aus der (deutschen) Gesellschaft ausgegrenzt werden.

Die Führer: Ende 1994 wurde der Stuttgarter Rolf Schlierer (42) Nachfolger des populistischen Franz Schönhuber als Bundesvorsitzender. Schlierer ist bestrebt, der Partei ein nationalkonservatives Image zu geben, um sie vom Stigma der Verfassungsfeindlichkeit zu befreien. Hamburger Spitzenkandidat ist der Rep-Landesvorsitzende Hans Fiedler.

Wahlaktivitäten: Lediglich eine überschaubare Anzahl von Stellschildern (offiziell 6.000) mit dem Slogan „Sicherheit? Nur mit uns!“weist auf die Teilnahme der Reps am Urnengang hin.

Wahlchancen: 1993 verfehlten die Republikaner mit 4,8 Prozent knapp den Einzug in die Bürgerschaft. Die Wahlforscher sind sich einig, daß die Reps auch 1997 erneut die erste Kraft im rechten Lager sind. So prognostiziert „Infratest“ihnen einen Stimmanteil von rund drei Prozent, „Emnid“knapp vier Prozent. Da DVU und NPD in allen sieben Bezirken kandidieren, gilt es als unwahrscheinlich, daß die Reps erneut in die Bezirksparlamente Hamburg-Mitte und Harburg einziehen werden.

Deutsche Volksunion (DVU)

Profil und Programm: Die DVU versteht sich als Sammlungsbewegung mit rechtsextremistischem Gedankengut. Programmatisch richtet sie sich gegen die „Vermischung der Völker“und propagiert das Bild einer nationalen Interessen-Gemeinschaft aller Deutschen. Die DVU fordert die „Säuberung“der „deutschen Kultur“von ausländischen oder „antideutschen“Einflüssen und betreibt rassistische Hetze gegen Flüchtlinge. Europäische Gemeinschaft und Euro werden wegen der „Untergrabung des nationalen Interesses“abgelehnt.

Der Führer: Die seit 1971 existierende DVU ist ein Projekt von Gerhard Frey (64). Der vermögende Münchner Verleger (“Deutsche National-Zeitung“) führt die DVU in autoritärer Manier. Der Hamburger Spitzenkandidat Heinrich Gerlach gilt als seine Marionette.

Wahlaktivitäten: Neben Stellwänden („Deutsch wählen“) setzt die DVU vor allem auf Postwurf-sendungen, deren äußeres Erscheinungsbild an offizielle Behördenpost erinnern soll.

Wahlchancen: Die DVU dürfte wie 1993 (2,8 Prozent) erneut die zweite Kraft im rechten Lager werden. Die Wahlforscher taxieren sie bei knapp einem Prozent.

Bund freier Bürger (BfB)

Profil und Programm: Vorbild des BfB ist die nationalliberale FPÖ Jörg Haiders. Als selbsternannte „D-Mark-Partei“setzt sie populistisch auf Anti-Euro-Kurs, fordert eine repressivere Kriminalitätsbekämpfung, die Kürzung sozialer Leistungen und die ersatzlose Streichung des Asylrechts.

Der Führer: Zwischen 1983 und 1988 war der heutige BfB-Bundesvorsitzende Manfred Brunner (50) bayerischer FDP-Chef. Als Kabinettschef der Brüsseler EG-Kommission wurde er 1992 entlassen, weil er sich gegen den Maastricht-Vertrag aussprach. Seit 1996 sitzt Brunner für den BfB im Münchner Stadtrat. In Hamburg wird die Partei vom ehemaligen „Junge-Freiheit“-Redakteur Kristof Berkling und dem „Welt am Sonntag“-Redakteur Ulrich Schacht in die Wahl geführt.

Wahlaktivitäten: Flächendeckend plakatiert der BfB seit Wochen an Hamburgs Straßenrändern. Die Parolen lauten „Hamburg wählt den Euro ab“oder „Wir sind auch inländerfreundlich“.

Hamburger Wahlchancen: Im rechten Lager vermutlich nur die dritte Kraft. Die Wahlforscher sehen den BfB in Hamburg derzeit bei rund einem halben Prozent.

Die NPD

Profil und Programm: Die 1964 gegründete NPD ist die älteste bestehende rechtsextremistische Partei in der BRD. Die nationalistisch-rassistische Stoßrichtung wurde seit 1996 durch wirtschafts- und europapolitische Aussagen ergänzt. Neben „Ausländer-raus“-Parolen und der Verharmlosung von NS-Verbrechen setzt die NPD auf einen strikten Anti-Euro-Kurs.

Die Führer: Der Bundesvorsitzende Udo Voigt versucht die Stigmatisierung der NPD als Partei der „Ewiggestrigen“durch die Einbeziehung tagespolitischer Themen zu überwinden und strebt – bislang meist erfolglos – Wahlbündnisse mit anderen Rechtsparteien an. Der Hamburger Landesverband wird von Ulrich Harder geführt.

Wahlaktivitäten: Die NPD mobilisiert zu einer Großkundgebung in Hamburg am 13. September. Daneben ist sie in kleinem Umfang mit Plakaten („Arbeit zuerst für Deutsche“) im Straßenbild vertreten.

Wahlchancen: Die Nummer vier unter den rechten Parteien wird nach allen Umfragen bei deutlich unter einem halben Prozent landen.

Der rechte Rest

Neben den vier bekannten Rechtsaußen-Parteien kandidieren noch drei weitere Parteien aus dem rechten Spektrum für die Bürgerschaft. Die Deutsche Partei (DP) ist eine 1993 erfolgte Neugründung der namensgleichen Vereinigung, die bis 1960 als Koalitionspartner der Adenauer-CDU Regierungsverantwortung trug. Die programmatischen Eckpfeiler lauten: Ausländer raus, Heimatverbundenheit und Kriminalitätsbekämpfung.

Die Deutschen Konservativen um den ehemaligen Springer-Redakteur Joachim Siegerist fielen des öfteren durch rassistische Parolen und antisemitische Schmähungen auf. Siegerist selbst wurde 1994 wegen Volksverhetzung zu einer bislang noch nicht rechtskräftigen Haftstrafe von sechs Monaten ohne Bewährung verurteilt.

Hinter den Unabhängigen Ökologen Deutschlands (UÖD) verbirgt sich eine naturkonservative Kleinstpartei, die sich gegen Fortschrittsgläubigkeit und „eine multikulturelle Vermassung“und für konsequenten Heimat- und Lebensschutz einsetzt. Ihre Wahlchancen werden auf unter 0,1 Prozent geschätzt.

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