Reichlich drucklos unter Druck

■ „Fußballerische Grundlagen einüben“: Der FC St. Pauli quält sich zu einem 1:1 gegen Köln

Kann es denn Schöneres geben? Ein lauschiger Sonntagnachmittag lädt ein, sich im Wilhelm-Koch-Stadion ein Spiel des Aufstiegs-aspiranten FC St. Pauli anzusehen. Gepflegter Fußball und viele Tore.

Pustekuchen! Was die Spieler vom Millerntor gestern gegen Fortuna Köln boten, erinnerte eher an das letzte Saisonhalbjahr in der 1. Liga. Selbst den Zuschauern riß der Geduldsfaden: Pfiffe begleiteten die Spieler in die Kabinen.

Auch der sonst wortgewandte Kapitän Carsten Pröpper war nach dem Spiel ratlos und flüchtete sich in Fußballer-Floskeln wie „Wir haben in der 2. Halbzeit zuwenig Druck gemacht“. Schön gesehen, Herr Pröpper. Aber wie die Mannschaft vom Millerntor sich präsentierte, war nicht nur drucklos, sondern erbärmlich.

Die ungeordnete Abwehr ließ die Kölner gleich mehrfach alleine auf das Tor zulaufen. Vom Mittelfeld war nichts zu sehen außer Fehlpässen und einfallslosen Bällen in die Spitze. Einziger Lichtblick war Stürmer Cem Karaca. Erst kurz vor Spielbeginn für den verletzten Jens Scharping ins Team gerutscht, wirbelte er die Viererkette der Kölner durcheinander und zeigte, daß er auch den Blick für den Nebenmann hat.

„Die Mannschaft konnte den Druck nicht ablegen“, analysierte Trainer Eckhard Krautzun den Spielverlauf. „Nach dem 0:4 in Zwickau wollten wir einiges wiedergutmachen. Darum waren wir zu verkrampft.“Außerdem müsse man jetzt anfangen, die fußballerischen Grundlagen einzuüben. Reichlich spät, Herr Krautzun. Immerhin hatten die Spieler Mitleid mit den Zuschauern. „Daß wir ausgepfiffen wurden, kann ich verstehen. Schließlich haben sie in diesem Jahr reichlich schlechten Fußball gesehen“, sagte Pröpper. „Aber daß einzelne Spieler persönlich angegriffen werden, ist für mich nicht zu begreifen.“Gemeint war Stephan Hanke, dessen Auswechslung die Fans lautstark gefordert hatten. Mit seiner Einschätzung hatte der Mannschaftsführer recht: Jeder Spieler des Teams hätte ausgetauscht werden müssen.

So aber bleiben nur die Tatsachen: Michael Mason machte sein erstes Tor, Carlo Werner bekam vom Schiedsrichter zurecht die rote Karte wegen einer Notbremse und das Unentschieden schmeichelte den Paulianern. Denn wie wußte der Trainer: „Wir sind derzeit keine Klassemannschaft.“Schön gesehen, Herr Krautzun.

Eberhard Spohd