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Roman Herzog in der Duma unerwünscht

Die Kommunisten im russischen Unterhaus setzen durch, daß der Bundespräsident nur vor einem Ausschuß reden darf. Willkommene Publicity für KP-Chef Sjuganow  ■ Aus Moskau Klaus-Helge Donath

Den ersten Staatsbesuch eines Bundespräsidenten in Moskau nach Zerfall der Sowjetunion und Deutschlands Wiedervereinigung begleiteten schon im Vorfeld Disharmonien. Eigentlich wollte Roman Herzog vor der russischen Staatsduma, die am Mittwoch aus ihrer Sommerpause zurückkehrt, eine halbstündige Rede halten. Doch die Kommunistische Partei (KPRF), stärkste Fraktion im Unterhaus des russischen Parlamentes, durchkreuzte diesen Wunsch. Herzog wurde in einen Nebenraum des Dumagebäudes abgeschoben. Sollten es sich die Kommunisten in letzter Minute nicht anders überlegen, wird die Rede vor dem außenpolitischen Ausschuß des Parlamentes, einer mit Deutschland befaßten parlamentarischen Gruppe und Interessierten stattfinden.

Offiziell begründete der Vorsitzende der KPRF, Gennadij Sjuganow, den Widerstand seiner Partei mit der Verurteilung des letzten DDR-Regierungschefs Egon Krenz vergangene Woche im Mauerschützenprozeß in Berlin. Stehen Internationalisten in den ehemaligen ostmitteleuropäischen Satellitenstaaten Moskaus vor Gericht, äußert die kommunistische Fraktion regelmäßig ihr Mißfallen. Herzog, der gestern von Berlin nach Moskau startete, bietet ihnen jetzt die Möglichkeit, für ein wenig öffentliche Aufmerksamkeit zu sorgen und den Russen zu demonstrieren, welch weitreichenden Einfluß die Partei genießen. Denn nach den verlorenen Präsidentschaftswahlen 1996 war es recht still um Rußlands Kommunisten und ihren Vorsitzenden geworden. Sjuganows Führungsrolle wird von vielen Genossen in Zweifel gezogen, Widerstände gegen seine Person häufen sich, der Partei droht die Spaltung.

Der kommunistische Duma- Vorsitzende, Gennadij Selesnjow, konnte in letzter Minute die kriegerische Stimmung einiger Deputierter und des angezählten Vorsitzenden, dessen Gegenspieler er seit längerem ist, abschwächen. Selesnjow befürchtete, ein diplomatischer Skandal könnte Image und Respektabilität seiner Person in Mitleidenschaft ziehen. Zur Zeit arbeitet die Fraktion an einer Protestnote zum Urteil gegen Krenz, die Herzog übergeben werden soll. Zwei Varianten sind in Vorbereitung, eine scharfe Version und eine schwächere. Hinauslaufen wird es wohl auf die letztere Variante. Darin wird der Bundespräsident gebeten, die verfassungsrechtlichen Möglichkeiten auszuschöpfen, um Gerechtigkeit für Egon Krenz herzustellen. Fast auf den Tag sechzig Jahre nach dem Beginn der Stalinschen Schauprozesse kümmert sich die Partei immerhin um das Schicksal ihrer Gleichgesinnten.

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