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Senat kürzt Fahrplan der U-Bahn

■ Ohne Moos nix los: BVG plant Angebotsreduzierung

Die BVG plant eine deutliche Verschlechterung ihres Angebots. Wie gestern intern bestätigt wurde, wird möglicherweise der Betriebsschluß für die U-Bahn von derzeit 0 auf 23 Uhr vorverlegt, „es kann aber auch 22.30 Uhr sein“, hieß es. Momentan werde „alles Mögliche und Unmögliche durchgerechnet“: Kürzere Züge, die Stillegung von Strecken oder Streichungen beim Nachtbusnetz seien möglich. Insgesamt soll das Serviceangebot im öffentlichen Nahverkehr um fünf Prozent reduziert werden.

Grund für den geplanten Kahlschlag ist die Sparwut des Senats. Der hatte sich eigentlich im Unternehmensvertrag dazu verplichtet, dem defizitären Nahverkehrsunternehmen 970 Millionen Mark Zuschuß für 1997 zu zahlen. Doch nun zahlt Berlin 48 Millionen Mark weniger. Die BVG versteht diesen Vertragsbruch als einseitige Vertragsänderung. „Da der Senat fünf Prozent weniger Leistung bezahlt, werden wir auch nur 95 Prozent der vereinbarten Leistung erbringen“, heißt es von der BVG. Eine Klage der BVG gegen das Land, das gleichzeitig Eigentümer der BVG ist, sei dagegen „wenig realistisch“.

Gegen den ebenfalls diskutierten Vorschlag, bei der U-Bahn schon um 21 Uhr die Lichter auszumachen, hat sich Verkehrssenator Jürgen Klemann (CDU) gewandt. Einem derartigen Antrag werde er nicht zustimmen. Der öffentliche Nahverkehr solle „attraktiver und kundenfreundlicher werden, Planspiele zur Einschränkung des Angebots und der Leistung“ werde der Senat nicht akzeptieren.

Die BVG plant indes weiter. Für die Einsparungen werden die Abendstunden bevorzugt, weil dann die Fahrgastzahlen weit niedriger als tagsüber sind. In den Überlegungen sei klar, daß gekürzt werden müsse, heißt es. Offen sei nur, wie und wo genau. Bereits vor einigen Jahren hatte die BVG den Betriebsschluß der U-Bahn von 1 auf 0 Uhr verlegt.

Der grüne Verkehrsexperte Michael Cramer kritisierte, daß die BVG sich durch diese Maßnahmen „kaputtspare“. Wenn die Fahrgäste aus der U-Bahn auf Busse verlagert würden, seien die Personalkosten für die Busfahrer drei- bis viermal so hoch wie der Betrieb der Bahn. Die BVG sei offensichtlich „von allen guten Geistern verlassen“, doch die Schuld trage der Senat durch seine Kürzungen. Cramer schlägt vor, statt der Einschränkung den U-Bahn- Betrieb auf die ganze Nacht auszudehnen. Die Kosten von 20 Millionen Mark jährlich ließen sich durch Busspuren, Ampelvorrangschaltungen und Parkraumbewirtschaftungen einnehmen. Bernhard Pötter

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